Elementarschadenversicherung: Lücken im Versicherungsschutz vermeiden
Hochwasser innerhalb des Flussbetts eines oberirdisch fließenden Gewässers stellt keine Überschwemmung im Sinn des versicherten Risikos dar. Ein OLG bestätigte die Auffassung des Versicherers. VP-Experte Norman Wirth erklärt die Hintergründe.
Die Problemstellung.
Der Fall verdeutlicht, wie es trotz augenscheinlich ausreichenden Versicherungsumfangs zu einer Lücke im Versicherungsschutz kommen kann. Das ist umso ärgerlicher, wenn gerade die Prüfung und der Neuabschluss von Verträgen eine erkannte Lücke schließen sollten, dann aber das Gegenteil bewirkten.
Der Sachverhalt.
Die Klägerin ist Betreiberin eines Wasserkraftwerks. Zu diesem gehört auch ein im Fluss gelegenes Granitwehr, welches Teile des Wassers zur Energiegewinnung in die Kraftwerksanlage leitet. Zunächst war lediglich das Wasserkraftwerk durch eine gewerbliche Gebäudeversicherung gegen Sturm und Feuer versichert. Nachträglich wurde der Versicherungsschutz um die Absicherung gegen Elementarschäden erweitert. Dabei wurde auch das Granitwehr mit in den Vertrag aufgenommen. Als dann auf Grund eines Hochwassers die Fließgeschwindigkeit und der Druck des Wassers im Fluss erheblich stiegen, wurde das Granitwehr beschädigt (teilweiser Abbruch der Granitkrone). Die Versicherung wollte für diesen Schaden nicht aufkommen. Die Ablehnung wurde letztlich durch das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Az. 7 U 53/16) in der Berufung bestätigt.
Der Streitpunkt.
Strittig war zwischen den Parteien das Verständnis des Begriffs der Überschwemmung. Abzustellen ist dabei grundsätzlich auf das Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse. Insoweit ist der Umfang des Versicherungsschutzes durch Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu bestimmen, zumal eine individuelle Vereinbarung des Überschwemmungsbegriffs in Bezug auf das Granitwehr nicht vorlag. Somit wurde die Standarddefinition einer Überschwemmung herangezogen. Sie benennt diese als Überflutung einer normalerweise trockenen Bodenfläche durch erhebliche Wassermassen. Und das ist bei einem Anstieg der Wassermenge innerhalb eines Flussbetts nicht der Fall. Somit seien die Schäden an dem Granitwehr kein von der Elementarschadenversicherung umfasstes Risiko. Besonders ärgerlich ist dies im hier verhandelten Fall, weil der Versicherungsschutz auch für das Wasserwerk ja gerade erweitert wurde und die generelle Auslegung damit greifen konnte.
Das Fazit.
Eine gewissenhafte Bedarfsanalyse allein ist nur der erste Schritt. Im zweiten und gleichermaßen wichtigen Schritt muss dann auch die Einfügung der Versicherungsinteressen in den Vertrag erfolgen. Im Zweifel bei der Auslegung von Begrifflichkeiten sollte das Interesse des Versicherungsnehmers klar bezeichnet werden – hier beispielsweise durch explizite Nennung des Überschwemmungsschutzes auch für das Wehr.