25.06.2020 Recht | Ratgeber

Lebensversicherung: Wird der Kunde zum Anteils­eigner am Unternehmen?

Bei der Rückabwicklung seiner Lebensversicherung berief sich ein Kunde auch auf die Eigenkapitalrendite des Versicherers. Der BGH musste klären, ob diese Berechnungsmethode rechtskonform ist.

Beschlagen im Versicherungsrecht: Dr. Markus Weyer von der Berliner Kanzlei Weyer Rechtsanwaltsgesellschaft (www.weyerlegal.com).
Beschlagen im Versicherungsrecht: Dr. Markus Weyer von der Berliner Kanzlei Weyer Rechtsanwaltsgesellschaft (www.weyerlegal.com).

Die Ausgangslage.

Im Zuge einer Rückabwicklung widerrufener Lebensversicherungen schuldet der Versicherer (VR) die Herausgabe der gezogenen Nutzungen aus rechtsgrundlos geleisteten Beitragszahlungen – also des Gewinns, den er mit dem Geld des Versicherungsnehmers (VN) erzielt hat. Allerdings muss der VN beweisen, wie hoch der auf ihn entfallende Anteil ist. Kann er sich bei der Berechnung der Höhe gezogener Nutzungen dabei auch auf die Eigenkapitalrendite seines VR berufen, die bisweilen sehr hoch ausfallen und stark schwanken kann? Die Rechtsprechung hierzu war bisher widersprüchlich (z. B. OLG Stuttgart, Az. 7 U 80/17).

Der Fall.

Der VN schloss 1997 einen Vertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung nach dem sogenannten Policenmodell ab (§ 5a VVG a.F.). 2016 erklärte er den Widerspruch. Die Argumentation: Die Widerspruchsbelehrung sei unzureichend und die Verbraucherinformationen seien unvollständig gewesen, sodass er zum Widerspruch berechtigt sei. Der VN verlangte Rückerstattung der geleisteten Prämien abzüglich Risikokosten und schon ausgekehrter Beträge zuzüglich Nutzungen – insgesamt rund 76 000 Euro. Er habe mit der Zahlung des Verwaltungskostenanteils und wegen der angefallenen Kostengewinne in das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital des VR investiert. Daher könne er Nutzungen aus der Eigenkapitalrendite verlangen. Diese habe bis zu 90 Prozent vor Steuern betragen. Der Versicherer wies die Forderung zurück. Es kam zum Streit.

Der Rechtsstreit.

Das Landgericht Köln (Az. 26 O 269/17) wies die Klage des VN ab. Die anschließende Berufung vor dem Oberlandesgericht Köln (Az. 20 U 76/18) scheiterte. Eine Berechnung der Höhe gezogener Nutzungen aus dem Abschluss- bzw. Verwaltungskostenanteil der Prämie könne insbesondere nicht auf die Eigenkapitalrendite gestützt werden, so das Gericht. Als rein betriebswirtschaftliche Größe kennzeichnet sie nur den Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Eigenkapital des VR. Notwendig sei ein Vortrag zur Höhe der Nutzungen, der sich auf die Ertragslage des Unternehmens beziehe.

Das BGH-Urteil.

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Revision des VN zurück (Az. IV ZR 5/19). Es sei unerheblich, ob der Kläger ausreichend darlegen könne, dass der VR aus den Prämienanteilen, die auf die Abschluss- und Verwaltungskosten entfielen, Nutzungen gezogen habe. In jedem Fall sei die Vorstellung unzutreffend, dass ein VN mit Zahlung des Verwaltungskostenanteils in das bilanzierte Eigenkapital eines VR investiere. Die Richter stellten klar, dass die Zahlungen von Verwaltungskosten zwar den Jahresüberschuss und somit die Höhe des Eigenkapitals eines VR beeinflussten. Dies führe aber nicht dazu, dass der VN quasi zum Aktionär seines VR wird. Nur diesem stünde eine Eigenkapitalrendite zu.


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