Prämienerhöhung: Streit um „Fünf-Prozent-Hürde“
Klare Worte vom BGH: Eine Klausel, die besagt, dass ein Versicherer die Prämien bereits bei einer Kostenerhöhung von mehr als fünf Prozent nach oben anpassen kann, ist rechtlich zulässig. VP-Rechtsexperte Markus Weyer erklärt das Urteil.
Der Fall.
Der Versicherungsnehmer (VN) hält eine Krankheitskostenversicherung bei einem Versicherer (VR). Laut § 8b I der AVB können die zu zahlenden Beiträge ab einer Abweichung von mehr als fünf Prozent überprüft und der Zustimmung eines Treuhänders unterworfen werden. Erst ab einer Abweichung von zehn Prozent müssen sie geprüft werden und der Treuhänder zustimmen. Von dieser Klausel hatte der VR Gebrauch gemacht und die Beiträge von 2012 bis 2018 insgesamt fünfmal erhöht. Der VN hält die Beitragserhöhungen für unrechtmäßig und verlangt die Rückzahlung zu viel gezahlter Prämien in Höhe von 4000 Euro. Es kommt zum Streit.
Der Rechtsstreit.
Das Oberlandesgericht Rostock hob das klageabweisende Urteil des Landgerichts Neubrandenburg (Az. 3 O 491/20) auf und gab der Klage statt (Az. 4 U 132/21). § 8b I der AVB sei unwirksam, weil die Regelung den VN unangemessen benachteilige. Anpassungsklauseln, die dem VR nur einseitig das Recht zur Erhöhung geben, seien unwirksam, wenn sie dem Versicherer nicht auch eine Pflicht zur Senkung bei einer Minderung von Kosten auferlege. Der VN müsse bei einer Abweichung von mehr als fünf Prozent davon ausgehen, dass sein VR selbst entscheide, ob er prüfe, eine Beitragsanpassung vornehme oder eben nicht.
Das Urteil.
Das sah der Bundesgerichtshof anders (Az. IV ZR 347/22). Die strittige Prämienanpassungsklausel in der privaten Krankenversicherung, nach welcher der VR bei einer Abweichung von mehr als fünf Prozent Beiträge überprüfen und anpassen kann, sei nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers. Es liege auch keine Benachteiligung gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (§ 307 BGB) vor. Ferner erlaube § 203 VVG in Verbindung mit § 155 VAG ausdrücklich die Vereinbarung eines zusätzlichen Schwellenwertes neben der gesetzlichen Zehn-Prozent-Grenze.
Damit sollen nach dem Willen des Gesetzgebers (BT Dr. 12/6959) große Prämiensprünge vermieden werden. Dafür müsse dem VR eingeräumt werden, auch schon bei einer geringeren Abweichung eine Beitragsanpassung zu prüfen.
Das Fazit.
Der BGH betont, dass die Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung besonderen Regeln unterworfen ist. Im Gegensatz zu anderen Versicherungsverträgen ist eine Anpassung „nach billigem Ermessen“ – etwa auf Basis versicherungseigener Kalkulationsmodellen – hier nicht möglich. Die zusätzliche Berechtigung des Versicherers zur Anpassung von Beiträgen dient dabei nicht nur den Interessen des Unternehmens, sondern auch den Belangen der Versichertengemeinschaft.