Kolumne 09.08.2022 Recht | Ratgeber

Spezialversicherung: Konstruktions­fehler kostet Schutz

Nicht immer muss ein Sachversicherer für Konstruktions- und Materialfehler aufkommen. Ein Urteil des OLG Nürnberg stellt nun klar, in welchem Fall der Versicherte leer ausgeht, berichtet unser Experte Dr. Markus Weyer.

Beschlagen im Versicherungsrecht: Dr. Markus Weyer von der Berliner Kanzlei Weyer Rechtsanwaltsgesellschaft (www.weyerlegal.com).
Beschlagen im Versicherungsrecht: Dr. Markus Weyer von der Berliner Kanzlei Weyer Rechtsanwaltsgesellschaft (www.weyerlegal.com).

Der Fall.

Der Hausbesitzer hatte für Schäden an seiner auf dem Hausdach montierten Photovoltaikanlage eine Versicherung abgeschlossen, bei der die AVB für die Spezialversicherung von Photovoltaikanlagen (AVSonne 2011) greifen. Danach wird für Sachschäden durch Konstruktions-, Material- oder Ausführungsfehler Entschädigung geleistet. Nach acht Jahren waren die Solarmodule seiner Anlage beschädigt und unbrauchbar. Ursache dafür seien die seinerzeit gelieferten und montierten Photovoltaikmodule, die offenbar mit einem Konstruktions- bzw. Materialfehler behaftet waren. In der Folge drang Feuchtigkeit in die Module, die dadurch zerstört wurden. Die angefallenen Kosten für den Austausch der Module verlangte der Eigentümer anschließend von seinem Versicherer zurück. Doch der lehnte ab. Eine Entschädigung für Photovoltaikmodule gebe es nur, wenn eine versicherte Gefahr nachweislich von außen auf eine Austauscheinheit oder auf die versicherte Sache insgesamt eingewirkt habe. Es kam zum Streit.

Der Rechtsstreit.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth (Az. 8 O 466/21) wies die Klage des Versicherten ab. Es läge kein Versicherungsfall vor, denn die versicherte Sache sei zu keinem Zeitpunkt mangelfrei gewesen. Ein bei Vertragsschluss bereits vorliegender Mangel bzw. dessen Minderwert (Mangelunwert) sei nicht versichert. Dies gelte auch für Folgeschäden, die durch einen solchen Mangel verursacht werden. Das wollte dem Versicherten nicht einleuchten. Er ging deshalb in die nächste Instanz.

Das Urteil.

Doch das Oberlandesgericht Nürnberg (Az. 8 U 424/22) sah für die Berufung keine Aussicht auf Erfolg. In der Maschinenversicherung stellt der Konstruktions- oder Materialfehler einer versicherten Sache als solcher keinen Sachschaden dar. Folglich seien Kosten, die zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit einer bei Vertragsschluss mangelhaften Sache erforderlich sind und demnach den vorbestehenden Mangelunwert beseitigen sollen, nicht erstattungsfähig. Der Versicherte nahm seine Berufung daraufhin zurück.

Der Ausblick.

Das OLG Nürnberg führt damit seine Rechtsprechung fort (Az. 8 U 503/18). Die mangelhafte Herstellung einer Sache ist weder versichert noch versicherbar. Sachmangel und Sachschäden sind ein begrifflicher Gegensatz. Da Konstruktions- oder Materialfehler bereits bei der Übergabe in der Sache – wenn auch meist nicht erkennbar – vorhanden sind, fehlt es schon an dem Vorhandensein eines unmittelbaren materiellen Schadens.


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