26.02.2024 Recht | Ratgeber

Elektronik-Versicherung: Wenn Versicherte auf dem Schaden sitzen bleiben

„Sachmangel“ statt „Sachschaden“ – dieser Unterschied kam der Inhaberin einer Elektronik-Versicherung teuer zu stehen. Auch ihre Klage blieb erfolglos. Die Rechtsexperten Schyma und Mallmann erklären, exklusiv für FOCUS MONEY-Versicherungsprofi, was das für Versicherte bedeutet.

Foto der Anwälte Jem Schyma und Raimund Mallmann und von der Düssel­dorfer Kanzlei WILHELM Rechtsanwälte (Foto: WILHELM Rechtsanwälte )
Experten-Duo: Jem Schyma (l.) und Raimund Mallmann von der Düssel­dorfer Kanzlei WILHELM Rechtsanwälte sind Profis im Versicherungsrecht: www.wilhelm-rae.de
(Foto: WILHELM Rechtsanwälte )

Die Rechtslage.

Laut Rechtsprechung ist die mangelhafte Herstellung einer Sache in der Sachversicherung nicht versichert. Die Abgrenzung zwischen einem versicherten „Sachschaden“ und einem nicht versicherten „Sachmangel“ ist jedoch oft kompliziert, wie ein aktuelles Urteil des Landgerichts Aachen zeigt.

 

Der Fall.

Der Defekt ihrer Photovoltaik-Anlage plagte eine Hauseigentümerin: Aufgrund einer undichten Folie auf der Rückseite drang allmählich Regenwasser in die Anlage ein. Die Eigentümerin verlangte von ihrem Elektronik-Versicherer, die Kosten für den Austausch der betroffenen Module zu ersetzen. Das brüchige Material der Schutzfolie und die Witterungseinflüsse hätten zu einem versicherten Sachschaden an der PV-Anlage geführt. Der Versicherer behauptete eine betriebsbedingte Abnutzung und lehnte die Versicherungsleistung ab. Es habe keine versicherte Gefahr von außen auf die Bauteile der PV-Anlage eingewirkt.

Der Rechtsstreit.

Das Landgericht Aachen gab dem Versicherer Recht (Az. 9 O 325/20). In der zugrundeliegenden Elektronik-Versicherung bestehe Versicherungsschutz für unvorhergesehen eintretende Beschädigungen und Zerstörungen an versicherten Sachen. Laut einem Sachverständigengutachten sei die Verklebung der Rückseitenfolie mit der PV-Anlage unzureichend gewesen. Dieser Sachmangel sei mindestens mitursächlich dafür, dass die Folie brüchig wurde und den Feuchtigkeitseintritt ermöglichte.
Sachschaden und Sachmangel bilden einen begrifflichen Gegensatz, so die Richter. Schadenursächlich war die mangelhaft verklebte Folie. Dieser Sachmangel habe den Bauteilen der PV-Anlage von Anfang an innegewohnt. Mithin fehle es an der maßgeblichen äußeren Einwirkung einer versicherten Gefahr auf die Anlage. Ein Sachschaden liege hier eben nicht vor.

Die Konsequenzen.

Bei Versicherungen für technische Geräte ist im Schadenfall Vorsicht geboten: Sachversicherer gewähren grundsätzlich keinen Deckungsschutz für solche Schäden, die auf einem Mangel der versicherten Sache beruhen.
Doch wo endet ein reiner Sachmangel und fängt ein echter versicherter Sachschaden an? Für Versicherungsnehmer selbst ist diese Frage oft nur schwer zu beantworten. Im Schadenfall behauptet der Versicherer häufig vorschnell, es liege ein nicht versicherter Sachmangel vor.
Die Rechtsprechung ist streng, wie das Urteil des LG Aachen zeigt. Dennoch sollten Versicherungsnehmer Aussagen des Versicherers zu angeblichen Mängeln stets kritisch hinterfragen – und wenn nötig vor Gericht ziehen.


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