Kolumne 23.08.2022 Recht | Ratgeber

Wie Makler ihren Honoraranspruch verlieren

Lässt der Immobilienmakler den Käufer in grob fahrlässiger Weise über den schlechten Zustand einer Immobilie im Unklaren, kann der Anspruch auf die Maklercourtage entfallen. Ein Beitrag unseres Rechtsexperten Norman Wirth.

Experte in Sachen Versicherungsrecht: Rechtsanwalt Norman Wirth von der Berliner Kanzlei Wirth Rechtsanwälte (www.wirth-rae.de) (Foto: Wirth-Rechtsanwälte)
Experte in Sachen Versicherungsrecht: Rechtsanwalt Norman Wirth von der Berliner Kanzlei Wirth Rechtsanwälte (www.wirth-rae.de)
(Foto: Wirth-Rechtsanwälte)

Der Fall.

Ein Maklerunternehmen inserierte unter Ausweisung einer Käufercourtage von 3,57 Prozent den Verkauf eines Mehrfamilienhauses. Es kam zu einem Besichtigungstermin, bei dem die potenzielle Käuferin zusammen mit einer Mitarbeiterin des Maklerunternehmens die Immobilie in Augenschein nahm. Aus nicht abschließend geklärten Umständen blieb die Besichtigung einer Wohnung des Objekts aus. Über den Zustand der Einheit wurde die Käuferin nicht informiert. Das Haus wurde letztlich von ihr erworben. Im Rahmen der Kaufabwicklung musste die Käuferin feststellen, dass es sich bei der nicht besichtigten Wohnung um eine „Messie-Wohnung“ voller Unrat und Gerümpel handelte.

Der Rechtsstreit.

Die Käuferin verweigerte die Zahlung der Maklercourtage. Ihrer Meinung nach habe die Mitarbeiterin des Maklerunternehmens von dem Umstand gewusst, dass es sich um eine zugemüllte Wohnung handelte. Genau aus diesem Grunde habe sie nicht für Einlass gesorgt. Das Maklerunternehmen verklagte die Käuferin erfolgreich vor dem Landgericht Münster zur Zahlung einer Maklercourtage von ca. 10.000 Euro. Die Käuferin habe nicht beweisen können, dass das Unternehmen oder dessen Mitarbeiterin vor Ort von dem Zustand der fraglichen Wohnung Kenntnis hatte.

Das Urteil.

Hiergegen wehrte sich die Käuferin und ging vor dem Oberlandesgericht Hamm (Az. 18 U 149/19) in Berufung. Dort argumentierte sie, dass von ihr benannte Zeugen nicht gehört und Aussagen von Zeugen nicht richtig gewürdigt worden seien. Der Senat ergänzte die Beweisaufnahme um die Vernehmung weiterer Zeugen und stellte klar, dass der Honoraranspruch eines Maklers analog § 654 BGB verwirkt ist, wenn der Makler den Kunden über aufklärungsbedürftige Umstände in grob fahrlässiger Weise nicht unterrichtet. Eine vermüllte Wohnung berge die Gefahr von Schimmelbildung und könne hohe Kosten bei einer mitunter aufwendigen Durchsetzung der Räumung verursachen. Im Anschluss an die Beweisaufnahme wies das OLG als vorläufige Einschätzung darauf hin, dass die Abweisung der Klage – nach Würdigung aller vorgetragenen Beweise – grundsätzlich in Betracht komme. Vor dem Verkündungstermin einigten sich die Parteien auf Zahlung in Höhe der hälftigen Klageforderung.

Die Bewertung.

Der Fall verdeutlicht, dass eine grob fahrlässige Verletzung der Aufklärungspflicht des Maklers den kompletten Verlust des Honoraranspruchs zur Folge haben kann. Das Gericht hält ihn damit zur Wahrung der Interessen seines Auftraggebers und seiner Treupflichten an.


Weitere Artikel

Listing

15.07.2024 Recht | Ratgeber

Die Grenzen von Telematik-Tarifen

Gesünder leben und Prämien sparen: Telematik-Tarife werden bei Berufsunfähigkeits­versicherern immer beliebter. Doch die Klauseln müssen ausreichend transparent sein, stellte jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) klar. FOCUS MONEY-­Versicherungs­profi-­Experte Dr. Markus Weyer erklärt, warum das Urteil für die Branche so bedeutend ist.

> weiterlesen
Listing

02.07.2024 Recht | Ratgeber

Ombudsmann entscheidet über Angehörigenklausel

Haftpflichtansprüche zwischen zusammenlebenden Familienmitgliedern sind nicht versichert. Doch was, wenn eine GbR mit im Spiel ist? Diese Frage musste der Versicherungsombudsmann klären. Die Rechtsexperten des FOCUS MONEY-Versicherungsprofi, Jem Schyma und Raimund Mallmann, erläutern die Entscheidung der Schlichtungsstelle.

> weiterlesen
Listing

17.06.2024 Recht | Ratgeber

Muss Versicherung an Verkehrsrowdy zahlen?

Ein Autofahrer crashte seinen Sportwagen nach einem missglückten Drift-Versuch. Bei grober Fahrlässigkeit wäre der Versicherer in der Pflicht, bei Vorsatz nicht. Das Landgericht Coburg hatte hier eine klare Meinung. VP-Experte Norman Wirth erklärt, was das Urteil für Autofahrer bedeutet.

> weiterlesen