Streit um Unfall-Kombirente: AXA verliert und will vor den BGH
Im Berufungsverfahren gegen die klagende Verbraucherzentrale Hamburg kassiert der Kölner Versicherer eine Schlappe. Die massenhafte Vertragsbeendigung ihrer Unfall-Kombirente war nicht rechtens, denn offenbar ist sie gar keine kündbare Unfallversicherung. Eine endgültige Entscheidung wird wohl der BGH fallen.
Niederlage für die AXA Versicherung AG vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln im Streit mit der Verbraucherzentrale Hamburg (Az. 20 U 21/21). Am Freitag vergangener Woche (17. Dezember) entschieden die Richter, dass das Unternehmen seine knapp 18.000 Verträge des Produkts „Unfall-Kombirente ohne Beitragsrückgewähr“ nicht kündigen durfte. Zur Urteilsbegründung wurde bisher nichts bekannt. Offenbar sind aber nach Ansicht des Berufungsgerichts die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Policen unzulässig.
Streit schwelt seit drei Jahren
Der Hintergrund des Streits geht bis ins Jahr 2018 zurück. Damals war bekannt geworden, dass die AXA die Verträge in einer solch ungewöhnlich hohen Zahl loswerden wollte. Aus Sicht der Verbraucherschützer war das nicht rechtens. Eine Aufforderung, die Praxis zu unterlassen blieb ungehört, in der Folge klagten die Verbraucherschützer. In erster Instanz hatte die AXA im Januar 2021 vor dem Landgericht Köln noch Recht bekommen, die Berufung ging nun jedoch verloren.
Revision zum BGH angekündigt
„Wir haben gewonnen und freuen uns, dass das OLG die Sache genauso wie wir sieht“, sagte am Freitag eine Sprecherin des Hamburger Vereins. Sie gehe aber davon aus, dass die AXA vor den Bundesgerichtshof ziehen wird. Tatsächlich wird die letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren entscheiden müssen. Denn das Versicherungsunternehmen erklärte auf Nachfrage: „Die Entscheidung des Gerichts werden wir rechtlich prüfen und Revision zum BGH einlegen. Insoweit ist das Urteil nicht rechtskräftig. Unsere rechtliche Auffassung zu diesem Thema ist weiterhin eindeutig: Unser Vorgehen entspricht geltendem Recht. Das haben übrigens auch die Entscheidungen anderer Gerichte zu diesem Sachverhalt bestätigt.“
Massenweise Kündigungen wegen höherer Kosten
Der Konzern hatte seine damalige Kündigungsentscheidung für die zwischen 2006 und 2010 abgeschlossenen Verträge unter anderem damit begründet, dass der „erhebliche medizinische Fortschritt" die Kosten erhöht habe. Die AXA wollte nur dann auf eine Kündigung verzichten, wenn der Versicherungsnehmer 2017 mindestens 58 Jahre alt war, bereits eine Rente erhielt oder in eine sogenannte Existenzschutzversicherung wechselte. Diese Police sei eine „bezahlbare Alternative“ zur Unfall-Kombirente und beinhalte in wesentlichen Aspekten höhere Leistungen, so die damalige Erklärung. Anschließend wurde die Frist für einen solchen Vertragswechsel mehrfach verlängert. Laut der Finanzpublikation „Börse Online“ erklärte eine AXA-Sprecherin 2019, dass die Mehrheit der betroffenen Kunden in die Existenzschutzversicherung gewechselt sei. Allen anderen sei gekündigt worden. Eine konkrete Zahl ist jedoch nicht offiziell bekannt.
Ist das Produkt in Wahrheit eine BU-Alternative?
Der Streit hat grundsätzliche Bedeutung, weil zu klären ist, ob die Kombirente als Unfall- oder als Berufsunfähigkeitsversicherung zu betrachten ist. Je nachdem ist eine Kündigung durch den Versicherer möglich oder nicht. Die AXA beharrt darauf, dass es sich - schon vom Namen her - um eine Unfallversicherung mit entsprechender Kündigungsmöglichkeit handelt. Die Verbraucherzentrale sieht das ganz anders: „Zahlreiche Schilderungen von Verbrauchern zeigen, dass die Unfall-Kombirente nicht vorrangig als Unfallversicherung, sondern als Alternative zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung vermittelt wurde“, zitiert „Börse Online“ den Interessenverband. Das Ende dieses Streits ist nun offen.