02.06.2022 Sparten/Produkte

PKV hat es in der Vollversicherung weiter schwer

Die private Krankenversicherung verzeichnete  2021 wieder einen leichten Rückgang in ihrem Kerngeschäft, der Vollversicherung. Dagegen stieg die Zahl der Zusatz­versicherungen. Als besonders stark erweist sich weiterhin die betriebliche Krankenversicherung.

Circa 85 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands sind gesetzlich versichert. Immer mehr von ihnen versichern sich zusätzlich privat. (Foto: © Schlierner - stock.adobe.com)
Circa 85 Prozent der Gesamtbevölkerung Deutschlands sind gesetzlich versichert. Immer mehr von ihnen versichern sich zusätzlich privat.
(Foto: © Schlierner - stock.adobe.com)

Fast jeder zweite Bundesbürger ist privatversichert. So zumindest lautete diese Woche die Botschaft des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) anlässlich ihrer Jahrestagung 2022. „Im vergangenen Jahr ist die Private Krankenversicherung erneut deutlich gewachsen. Die Gesamtzahl an Versicherungen stieg um fast eine Million auf 37,1 Millionen“, sagte dessen Vorsitzender Ralf Kantak, bei der Vorstellung des Rechenschaftsberichts. „Der Trend ist demnach ungebremst: Immer mehr Menschen wollen die private Vorsorge nutzen, um den Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufzustocken.“

Zusatzversicherung wächst, Vollversicherung nicht

 

Tatsächlich stieg die Zahl der Zusatzversicherungen um 3,5 Prozent auf insgesamt 28,4 Millionen. Doch ist das auch nur die halbe Wahrheit hinter den von den Lobbyisten so euphorisch verkauften Zahlen. Der Versichertenbestand in der privaten Krankenvollversicherung ist nämlich weiterhin leicht rückläufig. Nach Abzug der Sterbefälle belief sich die Anzahl im vergangenen Jahr auf 8,7 Millionen. Das ist ein leichtes Minus von 0,1 Prozent. Auch dieser Trend setzt sich also fort.

PKV-Verband rügt erzwungene Wechsel in die GKV

 

Die Interpretation dieser Zahlen geht vonseiten des Verbandes so: Schon das vierte Jahr in Folge wechselten mehr Menschen aus der GKV in die PKV als umgekehrt. Im Saldo ergab sich ein Plus von 23.600 Versicherten zugunsten der PKV, im Jahr zuvor waren es 20.200. Konkret entschieden sich im vergangenen Jahr 146.500 Personen für einen Wechsel aus der GKV in die PKV. Umgekehrt wechselten 122.900 Personen. Die Abgänge in die GKV erfolgen dabei meistens unfreiwillig, behauptet zumindest der PKV-Verband. So hätten 2021 wieder tausende seit Geburt privatversi­cherte junge Leute beim Eintritt ins Berufsleben gezwungener­maßen in die GKV wechseln müssen. Derselbe Effekt betreffe tausende Selbstständige bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.

Damit der Saldo womöglich noch höher ausfällt, will der Verband verstärkt um die rund sechs Millionen freiwillig in der GKV Versicherten werben. „Wir haben hier viele attraktive Ideen und werden vor allem die Kommunikation einsetzen, frei nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber“, sagte Kantak.

Wachstumsmotor betriebliche Krankenversicherung

 

Als besonders erfolgreich erweise sich weiterhin die betriebliche Krankenversicherung (bKV). Auch 2021 verzeichnete sie laut des Berichts ein besonders starkes Wachstum. 18.200 Unternehmen in Deutschland bieten mittlerweile ihren Mitarbeitern eine komplett vom Arbeitgeber gezahlte betriebliche Krankenversicherung. Das entspricht einem Wachstum von 38,9 Prozent gegenüber dem Jahr 2020 (13.100 Betriebe). Die Zahl der Beschäftigten, die Leistungen aus einer bKV erhalten, stieg um 54 Prozent von 1,02 Millionen (2020) auf 1,58 Millionen Personen (2021).

Starker Anstieg der Pflegeleistungen

 

Die Beitragseinnahmen insgesamt sind auch 2021 gewachsen. Sie erhöhten sich um 5,7 Prozent auf 45,4 Milliarden Euro. Knapp 41 Milliarden Euro (plus 5,9 Prozent) entfallen davon auf die Krankenversicherung sowie 4,4 Milliarden Euro (plus 4,6 Prozent) auf die Private Pflegepflichtversicherung. Die Versicherungsleistungen stiegen 2021 auch pandemiebedingt um 3,3 Prozent auf 31,8 Milliarden Euro. Auf die Krankenversicherung entfallen davon 29,7 Milliarden Euro (plus 2,4 Prozent), auf die Pflegeversicherung 2,1 Milliarden Euro (plus 17,9 Prozent). In diesen Daten zeigen sich laut PKV-Verband neben den gestiegenen Leistungsausgaben auch die Kosten der coronabedingten Zusatzausgaben. Die Gesamtaufwendungen aus gesetzlichen Rettungsschirmen und Hygienepauschalen belaufen sich seit Beginn der Pandemie auf insgesamt circa 2,8 Milliarden Euro.

Nachdem 2022 die Beiträge im Schnitt um vier Prozent gestiegen waren, könnte es zumindest hier langfristig Entspannung geben. „Durch steigende Zinsen wird der Druck auf die Beiträge aus diesem Faktor künftig geringer“, sagte Kantak. Bis sich dies aber in den Beständen niederschlägt, könne es je nach Tarif einige Jahre dauern.

Die Darstellung der Gesamtzahlen unterschlägt, dass Voll- und Zusatzversicherte nicht gleichzusetzen sind. Tatsächlich wird das Gesamtwachstum der Verträge rein vom Anstieg in der Zusatzversicherung getragen.
Die Darstellung der Gesamtzahlen unterschlägt, dass Voll- und Zusatzversicherte nicht gleichzusetzen sind. Tatsächlich wird das Gesamtwachstum der Verträge rein vom Anstieg in der Zusatzversicherung getragen.

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