10.11.2022 Sparten/Produkte

Was der BdV an Zahnzusatz­versicherungen zu bemängeln hat

Seitdem die gesetzlichen Krankenkassen nur noch anteilig die Regelversorgung bezahlt, läuft das Geschäft mit Zahnzusatzversicherungen hervorragend. An deren Beliebtheit stört sich nun der Bund der Versicherten, beklagt falsche Versprechen bei der Kostenerstattung und hohe Prämien.

Die Nachfrage nach Zahnzusatzpolicen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. (Foto: © Coloures-Pic - stock.adobe.com)
Die Nachfrage nach Zahnzusatzpolicen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
(Foto: © Coloures-Pic - stock.adobe.com)

Während das Geschäft mit der privaten Krankenvollversicherung  mühsam bleibt, haben sich Zusatzpolicen längst zum Hoffnungsträger und Wachstumstreiber der Branche entwickelt. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie ist ihr Bestand weiter gewachsen – auf 28,4 Millionen Verträge Ende 2021 (Quelle: PKV-Verband). Besonders beliebt sind Zahnzusatzversicherungen, ergab kürzlich eine Umfrage im Auftrag der Gothaer. Sieben von zehn Krankenzusatzversicherten haben demnach eine entsprechende Police abgeschlossen.

Keine vollständige Kostenerstattung und Deckungslücken

 

Dass sich die Zahnzusatzversicherung so großer Beliebtheit erfreut, findet der Bund der Versicherten (BdV) erstaunlich – die Verträge hielten nicht, was sie versprechen. „Die Kosten für Zahnersatz werden auch von leistungsstarken Tarifen meist nicht vollständig erstattet. Nur wenige Zahnzusatztarife sehen mit oder ohne Vorleistung der gesetzlichen Krankenversicherung eine Kostenerstattung von 90 bis 100 Prozent für beispielsweise Implantate oder Goldkronen vor. Viel häufiger ist ein Eigenanteil in nennenswerter Höhe selbst zu tragen“, sagt BdV-Vorständin Bianca Boss. Bei schlechteren Verträgen treten laut BdV überdies häufig Deckungslücken auf, die zu Problem oder gar Kürzungen im Leistungsfall führten. So könne es bei einem schlechten Vertrag passieren, dass die Kostenerstattung auf eine bestimmte Anzahl von Implantaten pro Kiefer beschränkt ist oder es Leistungsausschlüsse für laufende Behandlungen oder fehlende Zähne gibt.

BdV rät, Geld für hohe Eigenanteile selbst zurücklegen

 

Der BdV räumt ein, dass gesetzlich Krankenversicherte beim Zahnersatz nicht um einen „gewissen Eigenanteil der Kosten“ herumkommen. So übernehmen die Krankenkassen grundsätzlich 60 Prozent der Kosten für die sogenannte Regelversorgung – sie kommen also nur für zweckmäßige Behandlungen auf, die aus medizinischer Sicht ausreichend sind wie eine Brücke aus Metall. Dieser Eigenanteil könne bei höherwertigem Zahnersatz, zum Beispiel mit Implantaten aus Keramik, Gold oder Kunststoff, zwischen Hunderten und Tausenden von Euro, liegen. Zumindest könnten diejenigen, die ihr Bonusheft regelmäßig führen, den Zuschuss auf bis zu 75 Prozent erhöhen. Doch gebe es eben oftmals keine vollständige Kostenerstattung der Differenz durch die Privatversicherer, beklagt der BdV. Zudem seien die Prämien sehr hoch. Für Menschen mit guter Zahngesundheit könne es empfehlenswerter sein, Geld für etwaige zahnmedizinische Eingriffe selbst zurückzulegen. „Wenn man lediglich alle paar Jahre eine Krone oder ein Implantat benötigt, sei das die bessere Lösung“, sagt Boss. 

Untaugliches Beispiel

 

So ein Fall könnte beispielsweise ein Sportunfall sein, bei dem man auf die Schneidezähne stürzt und einen Zahn verliert, meint der BdV. Bei ausreichenden finanziellen Rücklagen würde der Einsatz von Implantaten nicht im finanziellen Fiasko enden und man hätte sich das jahrelange Zahlen der Prämien gespart. Wer eine private Unfallversicherung besitzt, erhält möglicherweise auch eine finanzielle Unterstützung bei den Kosten für den Zahnersatz nach einem Unfall. Ein Fall, der in der Praxis äußerst selten auftauchen dürfte. Stattdessen geht es bei den allermeisten Patienten um die Behandlung von Zahnerkrankungen wie Karies. Wer hier eine vernünftige Versorgung erwartet, kommt um Inlays aus hochwertigen Materialen heutzutage nicht mehr herum. Außerdem schweigt sich der BdV über die Höhe einer möglichen Rücklage aus. Er scheint fraglich, dass diese niedriger als die Prämien für Zahnzusatzversicherungen ausfallen würden.

Zahnzusatzversicherungen sollten keine Priorität haben

 

Doch das BdV-Urteil ist klar: Zahnzusatzversicherungen zählen grundsätzlich zu den weniger wichtigen bis unwichtigen Versicherungen, schreibt der Verein. Aus Sicht der Verbraucherschützer sind vor allem Policen zur Absicherung des Lebensstandards notwendig – also Risiken wie Haftpflichtschäden, Arbeitskraftverlust oder Pflegebedürftigkeit. „Letztlich ist eine Zahnzusatzversicherung nur für Verbraucher und Verbraucherinnen empfehlenswert, die aufgrund einer schlechten Zahngesundheit mit mehreren Behandlungen und hochpreisigem Zahnersatz rechnen. Jedoch ist die Krux: Wer schlechte Zähne hat, dem wird eine Zahnzusatzversicherung meistens verwehrt“, sagt Boss.


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