05.07.2022 Sparten/Produkte

Jugendstudie: Bedeutung von Aktien und Fonds wächst

Klassische Altersvorsorgeprodukte mit niedrigen Garantiezinsen werden auch für junge Menschen zunehmend unattraktiv. Stattdessen favorisieren sie vermehrt Aktien und Fonds. Das zeigt die „Jugendstudie 2022“ des Vorsorgewerks Metallrente. Sorgen bereiten den Autoren das einseitige Festlegen auf Anlageformen und fehlendes Finanzwissen.

Aktien, Indexfonds und Co. allein, sind keine ausreichende Altersvorsorge – so das Resümee der Studienmacher. (Foto: © V.poth - stock.adobe.com)
Aktien, Indexfonds und Co. allein, sind keine ausreichende Altersvorsorge – so das Resümee der Studienmacher.
(Foto: © V.poth - stock.adobe.com)

So viele junge Erwachsene wie nie zuvor sparen mit Aktien und Fonds für ihre Altersvorsorge. Das zeigt die aktuelle Jugendstudie 2022 des Vorsorgewerks Metallrente. Investierten 2016 noch lediglich 16 Prozent der 17- bis 27-Jährigen in Kapitalmarktprodukte, sind es heute bereits 50 Prozent, die aktien- und fondsbasiert für ihre Rente sparen – z.B. mit einem ETF-Sparplan oder mit einem Pensionsfonds im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung.

Große Unterschiede im Anlageverhalten zwischen jungen Frauen und Männern

 

Von den jungen Männern sorgen bereits 62 Prozent auch mit Aktien und Fonds vor. Bei den jungen Frauen liegt der Anteil derzeit bei 34 Prozent. Bei der letzten Jugendstudie vor drei Jahren waren es noch 35 bzw. 19 Prozent. Andere Sparformen wie Festgeld (49 Prozent), Bausparverträge (38 Prozent) und vor allem Riester-Rentenverträge (22 Prozent) verlieren zunehmend an Attraktivität. Die Studienmacher begründen dies mit der anhaltenden Niedrigzinsphase, die allerdings mittlerweile einem Ende entgeht, was in dieser Untersuchung offenbar nicht mehr berücksichtigt werden konnte. Weiterhin ist bei jungen Menschen auch die betriebliche Altersversorgung (bAV). So sorgen 37 Prozent mit Unterstützung des Arbeitgebers fürs Alter vor.

Akzeptanz für Investitionen in Sachwerte deutlich gestiegen

 

„Bei den niedrigen Zinsen lohnt private Altersvorsorge eher mit Aktien“: Dieser Aussage stimmen heute 56 Prozent der jungen Erwachsenen zu. 2016 waren es nur 22 Prozent. 57 Prozent würden bei der Wahl der Altersvorsorge auf eine garantierte feste Verzinsung verzichten, wenn sie dafür die Chance auf eine deutlich höhere Rendite hätten. Feste Zinsen und garantierte Rentenhöhen würden aktuell nur noch 43 Prozent präferieren. Studienherausgeber Heribert Karch sagt: „Das unterstreicht den realistischen Blick der jungen Generation auf die aktuellen Gegebenheiten des Marktes. In der Niedrigzinsphase haben junge Menschen die Chancen von Investitionen in Sachwerte erkannt. Sie gehen auch Risiken an den Kapitalmärkten ein, um die Chance auf eine höhere Rendite zu haben.“

Ex-Metallrente-Chef wirbt für den eigenen Laden

 

Karch, warnt aber zugleich: „Aktiensparen mit ETFs und Co. allein ist keine ausreichende Altersvorsorge, denn die muss auch dann noch funktionieren, wenn die Märkte einmal runtergehen oder gar in sich zusammenbrechen, und das können diese Aktienmodelle nicht leisten.“ Damit beschreibt der Autor bewusst oder unbewusst die derzeitige Marktlage. Verlässlicher sei das Vorsorgesparen in kollektiven Systemen z.B. mit einem Pensionsfonds in der betrieblichen Altersversorgung. Auch hier profitiere man von den Chancen der Kapitalmärkte, aber mit erheblich geringerem Risiko – zudem mit staatlicher Förderung, Arbeitgeberzuschuss und tarifvertraglichen Leistungen. Mit dieser Aussage wirbt Karch natürlich explizit für die Angebote des Versorgungswerkes, deren Geschäftsführung er bis Ende 2021 selbst innehatte. Neutralität sieht hier gewiss anders aus.

Rendite wichtiger als Nachhaltigkeit

 

Aber zurück zu den Zahlen: Wenn sich junge Erwachsene bei der Kapitalanlage für ihre Altersvorsorge zwischen Nachhaltigkeit und Rendite entscheiden müssten, überwiegt für 30 Prozent klar eine hohe Rendite. Nur für 19 Prozent stehen Nachhaltigkeitsaspekte an erster Stelle. Auf die größte Zustimmung bei den 17- bis 27-Jährigen treffen wenig überraschend Angebote, die soziale und ökologische Kriterien in der Kapitalanlage berücksichtigen und gleichzeitig eine hohe Rendite erzielen. Ein solches Angebot würden 41 Prozent bevorzugen. Dazu passen auch die Ergebnisse zur Frage, welche Anforderungen junge Menschen an ein ideales Altersvorsorgeprodukt stellen: Für jeweils 94 Prozent stehen Rendite und Sicherheit an erster Stelle. Ebenfalls sehr wichtig sind ihnen Flexibilität, also die Möglichkeit, Beiträge jederzeit flexibel anpassen zu können (91 Prozent), und die Verständlichkeit der bereitgestellten Informationen (90 Prozent).

Fehlendes Finanzwissen beim Thema Altersvorsorge

 

Thema Finanzwissen: Aktuell sagen 62 Prozent, dass sie sich in finanziellen Dingen „sehr gut“ oder „gut“ auskennen. Anders sieht es in der Frage der Altersvorsorge aus: 2022 meinen nur 31 Prozent, dass sie bei diesem Thema über einen „sehr guten“ oder „guten“ Wissensstand verfügen. Mitherausgeber Christian Traxler sagt dazu: „Als Ökonom freut es mich zwar, dass immer mehr junge Leute in Aktien und Fonds investieren. Angesichts der geringen Bildung beim Thema Altersvorsorge bin ich aber auch besorgt, wie nachhaltig das Finanzverhalten der jungen Generation hier wirklich ist. Beim Sparen mit Aktien kann man auch viel falsch machen und gegebenenfalls einen Teil seines im Alter dringend benötigten Kapitals verlieren.“ Deshalb sei es wichtig, sich gut zu informieren, seine Altersvorsorge breit aufzustellen und vor allem langfristig anzulegen. Wer zusätzlich zur gesetzlichen Rente betrieblich vorsorgt, für den könnten Kapitalmarktinvestments eine weitere Säule für die Alterssicherung sein.

Metallrente-Studie: „Jugend, Vorsorge, Finanzen“

Die Studie „Jugend, Vorsorge, Finanzen“ ist die größte repräsentative Langzeituntersuchung junger Menschen in Deutschland zum Themenkomplex Finanzen und Vorsorge. Im Mai 2022 ist sie in ihrer fünften Auflage erschienen. Seit 2010 werden für die Studie im Abstand von drei Jahren jeweils rund 2500 junge Erwachsene im Alter zwischen 17 und 27 Jahren zu ihren Vorstellungen für die persönliche Zukunft, ihrem Sparverhalten, ihren finanziellen Kenntnissen sowie zu ihren Einstellungen und persönlichen Strategien zur Altersvorsorge befragt. Bei der Datenerhebung und -auswertung arbeitet Metallrente mit dem Marktforschungsunternehmen Kantar zusammen.

Der Auftraggeber Metallrente wurde 2001 als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien Gesamtmetall und IG Metall gegründet. Das Versorgungswerk stellt Angebote für die betriebliche und private Altersvorsorge sowie die Absicherung von Berufs-, Erwerbsunfähigkeit, Grundfähigkeiten, Pflege und Hinterbliebenen bereit. Neben der Metall- und Elektroindustrie haben sich auch die Branchen Stahl, Textil und Bekleidung, IT sowie Holz und Kunststoff angeschlossen.


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