Paukenschlag in München: Allianz Deutschland wird aufgelöst
Die mächtige Allianz Deutschland AG wird zerschlagen. Die drei Kernbereiche sind künftig eigenständig. Eine schlankere und flexiblere Unternehmensstruktur soll die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Geschäft stärken.
Zäsur für die 16.000 Mitarbeiter der Allianz Holding in Deutschland: Die deutsche Landesgesellschaft des Versicherungskonzerns verliert ihre bisherige Rolle im operativen Geschäft und wird zur Finanzholding degradiert. Die drei bisher der Allianz Deutschland zugeordneten Sparten Sach-, Lebens- und Krankenversicherung sollen künftig weitgehend eigenverantwortlich agieren.
Flexibler, effizient, internationaler: Konzert plant Produktoffensive
Von dem Umbau, den Vorstandschef Oliver Bäte maßgeblich vorangetrieben hat, erwartet Europas zweitgrößter Versicherer Vorteile bei der Produktentwicklung und -vermarktung. Zudem wollen sich die Münchner kundenfreundlicher aufstellen und ihre Versicherungsprodukte internationaler und effizienter gestalten. „Wir wollen die Verantwortung für die Prozesse – Schadenabwicklung oder Vertragsabschluss – in die Hand desjenigen legen, der das Produkt und seine Deckung entwickelt", so Bernd Heinemann, Vorstandsmitglied der Allianz Deutschland. „Viele Produkte sind sich international sehr ähnlich. Wir entwickeln jetzt Lösungen mit vielen Ländern gemeinsam.“
Auch Konzernchef Bäte bezeichnet die Umgestaltung als Reaktion auf die wachsende internationale Konkurrenz. „Vierzig Prozent unserer Kunden sind bei Amazon, und die Hälfte von ihnen würde ein Versicherungsangebot von Amazon sehr sorgfältig prüfen“, erklärte er gegenüber der Süddeutschen Zeitung. „Gegen diese Art von Konkurrenz kann man mit Kleinstaaterei nicht bestehen.“
CEO verspricht Umstrukturierung ohne Entlassungen
Und so will sich die Allianz künftig organisieren: Die Funktionen der Allianz Deutschland – mit zuletzt 22,4 Milliarden Euro Jahresumsatz größte Konzerneinheit – sollen den Spartengesellschaften bzw. der Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG (ABV) zugeordnet werden, sofern sich ihre Aufgaben hauptsächlich auf einen Produktgeber oder Vertrieb beziehen. Wenn sich daraus Größenvorteile ergeben, gehören sie künftig zur Allianz SE bzw. einer ihrer Tochtergesellschaften. Geplanter Starttermin für die neu aufgestellte Allianz ist Anfang 2022. Bis dahin sollen Details zur Umsetzung mit Betriebsräten, Belegschaft und Führungskräften besprochen und ausverhandelt werden.
Arbeitsplätze sollen durch die Umstrukturierung nicht wegfallen. „Es gibt keinen einzigen Mitarbeiter, der durch diesen Schritt jetzt seinen Job verliert“, versicherte Bäte gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Fabio De Ferrari, seit Oktober 2018 Chief Operating Officer (COO) der Allianz Deutschland AG, wird laut Unternehmensangaben zum 31. März 2021 auf eigenen Wunsch den Vorstand der Allianz Deutschland AG verlassen und sich außerhalb des Konzerns neuen Aufgaben widmen. Der bisherige Deutschland-Chef Klaus-Peter Röhler ist ohnehin Mitglied des Konzernvorstands und behält seine Rolle.