Studie: Wo sich Versicherer im Wettbewerb um Nachwuchs verbessern können
Die Versicherungsbranche ist als Arbeitgeber durchaus gut aufgestellt. Um im „War of Talents“ zu bestehen, müssen die Unternehmen aber noch an ihren „weichen Faktoren“ feilen. Marktführer Allianz hat, was Bekanntheit und Attraktivität angeht, erneut die beste Ausgangsposition.
Die Vorurteile sind bekannt: konservative, altbackene Branche, langweilige Tätigkeiten, dröge Zahlenreihen – ein Job in der Versicherung galt bei jungen Leuten lange Zeit als unsexy. „Warum niemand bei der Versicherung arbeiten will“, titelte die „Wirtschaftswoche“ noch vor einigen Jahren.
Studie befragt Schüler, Studenten und jüngere Berufstätige
Inzwischen scheint sich jedoch das Image der Assekuranz verbessert zu haben. Zumindest teilweise. Laut der Studie „Talents for Insurance 2022“ des Beratungsunternehmens Organomics kann sich fast jeder dritte der befragten Schüler, Studenten und jüngeren Berufstätigen „gut vorstellen“, zukünftig für einen Versicherer zu arbeiten. Lediglich 14 Prozent schließen dies kategorisch aus. Vor allem die Punkte Gehalt, Arbeitsplatzsicherheit und die Möglichkeit zum flexiblen Arbeiten im Homeoffice sprechen für die Branche.
Arbeitgeber Allianz dominiert im internen Branchenvergleich
Branchenintern hat erneut die Allianz die Nase in puncto Bekanntheit und Attraktivität als Arbeitgeber vorn. Aber auch weiteren Versicherern wie HUK-Coburg, Ergo, R+V oder Axa gelingt es, gegenüber der internen onkurrenz zu punkten. Im Vergleich zu anderen Branchen hat die Assekuranz aber nach wie vor das Nachsehen. Vor allem Unternehmen der Automobilindustrie (allen voran Audi, BMW und Porsche) sind als Wunscharbeitgeber laut Studie attraktiver als die Versicherer.
Soft Skills verbessert, aber noch nicht gut genug
Die Defizite der Branche liegen vor allem bei den aus Sicht der Studienautoren für junge Menschen besonders wichtigen sogenannten „Soft Skills“ Weder Ehrlichkeit (37 Prozent; Vergleichswert 2019: 33 Prozent) noch Wertschätzung (40 Prozent; 2019: 34 Prozent) erreichen bei der Einschätzung der Attraktivität der Branche als Arbeitgeber hohe Werte. Ähnliches gilt auch in puncto spannende Aufgabenfelder. Positiv zu verzeichnen sei hier – im Vergleich zu 2019 – immerhin ein positiver Trend. Dennoch bestehe noch reichlich Nachholbedarf.
„Funktionale Nutzenargumente sind eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung, um als Arbeitgeber in die engere Wahl zu kommen, oder sogar zum Wunscharbeitgeber zu werden“, sagt Dr. Thomas Bittner, Geschäftsführer der Organomics GmbH in Köln. Home-Office-Möglichkeiten und das Gehalt sprächen für die Branche, reichten aber eben nicht. Neue Talente müsse man künftig stärker auch auf der inhaltlichen und emotionalen Ebene erreichen – mit Qualitäten, die den Bewerbern besonders wichtig sind, der Versicherungsbranche bisher aber oft noch nicht zugeschrieben werden. „Dabei geht es nicht um Gefühlsduselei, sondern darum, den potenziellen Mitarbeitern ein ansprechendes, wertegeleitetes und stabiles Beziehungsangebot zu machen“, so Bittner.
Fazit: An Arbeitgeberattraktivität weiter arbeiten
Insgesamt ziehen die Studienmacher ein gemischtes Fazit. Die Versicherer hätten als Arbeitgeber durchaus „einige Trümpfe in der Hand“. Entscheidend im Recruiting und Personalmarketing sind das gekonnte Spiel und die Balance im Ganzen. „Nachhaltig erfolgreich bleibt als Arbeitgeber nur, wer das Thema Arbeitgeberattraktivität nach außen wie innen gestaltet und beherzigt. Und das, was er verspricht, dann auch tatsächlich hält", so die Autoren. Übergreifend gelte, weiterhin an Branchen-, Unternehmens- und Arbeitgeberimages zu arbeiten.
Talents for Insurance 2022
Für die Personalmarktstudie im Auftrag des Kölner Beratungsunternehmens Organomics wurden rund 4750 Schüler, Studenten und Berufstätige im Alter zwischen 16 und 45 Jahren zur Arbeitgeberattraktivität der Versicherungsbranche insgesamt, zu 20 einzelnen Versicherern sowie zu ihren grundlegenden beruflichen Erwartungen, Wünschen und Präferenzen befragt.
Differenziert wurde dabei auch nach unterschiedlichen Fachrichtungen und der Dauer der Berufstätigkeit. Identifiziert werden zentrale Stärken, Potentiale und Erfolgstreiber für das Recruiting, Personalmarketing und Employer Branding der Versicherer. Vertiefend wurden die Themen „New Work“ und „New Normal“ befragt.