Kolumne 12.06.2025 Vermittlerwelt

Im Kundenservice können Live-Avatare „Brücken bauen”

Mehr Tempo, mehr Service, mehr Innovation versus Jobverlust, Datenmissbrauch und Cyber-Kriminalität: Künstliche Intelligenz ist auch in der Assekuranz Top-Thema. In unserer KI-Kolumne PROMPT! beziehen Experten und Entscheider Stellung. Heute: Uwe Schumacher, CEO des Assekuradeurs Domcura.

Uwe Schumacher ist Vorstandschef des Kieler Versicherungsanbieters Domcura. Davor wirkte der 66-jährige Diplom-Informatiker als CEO beim Direktversicherer Verti. Der Hamburger ist seit 35 Jahren in der Versicherungsbranche tätig. Er schrieb bereits 1987 seine Diplomarbeit über Künstliche Intelligenz. (Foto: Domcura)
Uwe Schumacher ist Vorstandschef des Kieler Versicherungsanbieters Domcura. Davor wirkte der 66-jährige Diplom-Informatiker als CEO beim Direktversicherer Verti. Der Hamburger ist seit 35 Jahren in der Versicherungsbranche tätig. Er schrieb bereits 1987 seine Diplomarbeit über Künstliche Intelligenz.
(Foto: Domcura)

Sie sehen aus wie wir. Sie hören geduldig zu. Sie sprechen mit uns. Und das rund um die Uhr. Aber sie sind nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Daten und Algorithmen: Live-Avatare – also menschenähnliche Figuren, gestützt auf Künstlicher Intelligenz (KI). Spätestens seit dem Hype um KI-Modelle wie ChatGPT oder Gemini zählen sie zu den vielversprechenden Stars der digitalen Zukunft. Ich behaupte: Unterstützende Live-Avatare können den Kundenservice grundlegend verändern! 

Hohe Akzeptanz – vor allem bei der Gen Z

 

Auch wenn sie bei vielen Unternehmen in der deutschen Versicherungsbranche eher noch eine Vision sind – ihr Einsatz steht kurz bevor. Im Idealfall sieht es dann so aus: Die Live-Avatare begrüßen Kundinnen und Kunden per Video, erklären Vertragsinhalte und beantworten Fragen zum Stand der Schadenbearbeitung. Aber wie viel Mensch steckt in diesen virtuellen Persönlichkeiten wirklich? Laut einer internationalen Studie von Capgemini würden bereits heute 43 Prozent der Kundinnen und Kunden einen Avatar im Kundenservice akzeptieren – bei der Generation Z sind es sogar 62 Prozent. Ein Grund: Geschwindigkeit. In einer Welt, in der Antworten binnen Sekunden erwartet werden, liefern Avatare verlässliche Informationen.

Mehr Tempo und sprachliche Präzision

 

Unser Unternehmen geht hier nun den nächsten Schritt: In wenigen Wochen startet unser erstes Live-Avatar-Projekt. Kundinnen und Kunden können dann mit einem virtuellen Mitarbeiter interagieren. Er beantwortet Fragen und hilft künftig in Vertragsangelegenheiten, bei der Schadenbearbeitung sowie beim Dokumenten-Upload weiter. Dabei kombiniert er sprachliche Präzision mit visueller Präsenz.

Natürlich ist ein Avatar kein Ersatz für eine menschliche und tiefgreifende Beratung – aber eine smarte Ergänzung im digitalen Erstkontakt.

Uwe Schumacher

Besonders in der Schadenregulierung liegt enormes Potenzial. Eine Untersuchung des Branchenverbands Bitkom zeigt: 68 Prozent der Versicherten erwarten eine zügige Schadenabwicklung, die die Live-Avatare ihnen bieten können – und das ohne lästige Telefonwarteschleifen. Aber dafür an 365 Tagen im Jahr. Natürlich ist ein Avatar kein Ersatz für eine menschliche und tiefgreifende Beratung – aber eine smarte Ergänzung im digitalen Erstkontakt. Die zentrale Herausforderung: Kann ein Avatar echtes Vertrauen aufbauen? 72 Prozent der Deutschen sind gegenüber rein algorithmusbasierten Entscheidungen skeptisch, so eine Studie von PwC. Doch zugleich steigt die Bereitschaft, einfache Anliegen digital zu klären. Ein Live-Avatar, der freundlich, kompetent und optisch vertraut auftritt, kann hier Brücken bauen. Wichtig ist, dass er klar signalisiert: „Ich bin ein digitales System“ – und bei komplexeren Fragen echte Menschen übernehmen.

Nützliches Werkzeug statt Spielerei

 

Künstliche Intelligenz soll den Menschen nicht ersetzen, sondern entlasten. Avatare sind keine Spielerei, sondern ein nützliches Werkzeug. Sie schaffen neue Kontaktpunkte, entlasten Mitarbeiter und verkürzen Wartezeiten. Dabei helfen sie, genau das zu erhalten, was viele fürchten zu verlieren: eine gute Beziehung zum Kunden.

Live-Avatare haben das Potenzial, den Kundenservice auf ein neues Level zu heben – vorausgesetzt, sie werden mit Augenmaß eingesetzt. Ich bin davon überzeugt: Wer menschliche Empathie mit digitaler Effizienz verbindet, schafft echte Mehrwerte – für Mitarbeiter und Kunden.


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