13.07.2022 Vermittlerwelt

Hilfe für Vermittler: DIN-Ausschuss verabschiedet „ESG-Modul“

Ab dem 2. August müssen Vermittler von Finanzprodukten die Nachhaltigkeits­präferenzen ihrer Kunden abfragen. Eine nun ergänzte DIN-Norm soll helfen, die Kunden-Schwerpunkte herausfinden. Veröffentlicht wird diese allerdings erst am 5. August. Kurz zuvor legte bereits der BVK eine Nachhaltigkeits-Checkliste vor.

Ab dem 2. August müssen die Nachhaltigkeitspräferenzen von Anlegern von Beratern verpflichtend abgefragt werden. (Foto: © IckeT - stock.adobe.com)
Ab dem 2. August müssen die Nachhaltigkeitspräferenzen von Anlegern von Beratern verpflichtend abgefragt werden.
(Foto: © IckeT - stock.adobe.com)

Der Ausschuss „Finanzdienstleistungen für Privathaushalte“ beim Deutschen Institut für Normung (DIN) hat ein Modul zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen verabschiedet. Das sogenannte „ESG-Modul“ wird Teil der bereits bestehenden DIN-Norm 77230 „Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte“, kann aber auch eigenständig zur Anwendung kommen.

Veröffentlichung erst am 5. August

 

An der Norm wirkten unter andere Vertreter großer Versicherungsgesellschaften, Banken, Kapitalanlage-Gesellschaften, Vertriebe, Makler, Verbände als auch Verbraucherschützer und Wissenschaftler mit. Den ersten Entwurf hatte die Normungsorganisation Anfang Mai veröffentlicht. In einer zweimonatigen Konsultationsphase wurden anschließend zahlreiche Optimierungsvorschläge aus der Finanzbranche in den Entwurfstext eingearbeitet. Ein Zeitpunkt, ab wann die finale Fassung bezogen werden kann, wurde zunächst nicht genannt. Auf Nachfrage erfuhr VP-Online von einem Sprecher des DIN e.V., dass dies wegen Umsetzungsarbeiten erst am 5. August sein wird, also nach dem Inkrafttreten der Abfragepflicht. Alle DIN-Normen werden über den Beuth-Verlag, einem DIN-Tochteruntermehmen, veröffentlicht.

Vermittler bald in der Pflicht, aber mit vielen offenen Fragen

 

Das ESG-Modul soll Finanzdienstleistern bei der Umsetzung der an dem 2. August geltenden Pflicht zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen bei ihren Kunden helfen. Die neuen Regeln sind Teil der IDD-Änderungsverordnung der Europäischen Union. Das Thema hatte die Branche monatelang bewegt. Ein Problem: Detailregeln, die sogenannten Technischen Regulierungsstandards, sollen erst ab Anfang 2023 in Kraft treten. Ohne sie können Anlageberater und Vermögensverwalter ihre Kunden aber kaum fundiert beraten, weil noch ESG-Daten zur Messbarkeit nachhaltigen Wirtschaftens und für die Produktklassifizierung fehlen. Kritiker sprechen von einer vertauschten Reihenfolge in der Gesetzgebung. 

Fragebogen für transparenten Abfrageprozess

 

Die neue DIN-Norm schaffe nun zumindest einen klar strukturierten, verständlichen Abfrageprozess zur Nachhaltigkeitspräferenz. Das „ESG-Modul“ soll Verbrauchern Schutz vor manipulativer Abfrage gewähren und ihnen ermöglichen, sich weitgehend unbeeinflusst über ihre Nachhaltigkeitspräferenzen klarzuwerden, schreiben die Macher. Dafür können Berater und Vermittler einen Fragebogen nutzen, den die Defino Institut für Finanznorm AG zur Verfügung stellt. Es trägt ein Konformitätssiegel und einen rechtswissenschaftlichen Bestätigungsvermerk. Die Abfrage leitet Beratende und Kunden durch die Präferenzabfrage und dient zugleich der Dokumentation des Abfrageergebnisses. Das Instrument soll einfach und flexibel zu handhaben sein und den Beratenden wie auch den Verbrauchern die Sicherheit einer gesetzeskonformen Finanzberatung geben.

BVK mit weitergehender Checkliste für die Strategie

 

Ob sich DIN-Norm bzw. das neue Modul als Standard durchsetzt, ist natürlich noch nicht klar. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) hat parallel eine eigene Abfragelogik vorgestellt, die durchaus ähnlich ist. Sie ist allerdings nur Teil einer wesentlich umfangreicheren Checkliste für Vermittler. Der Interessenverein will damit nach eigener Aussage alle Vermittler, die ihre Positionierung beim Thema „Nachhaltigkeit“ erstellen und überprüfen wollen, unterstützen. Die anstehende Regulatorik werde zwar in der Checkliste abgebildet, Ausgangspunkt sei aber zwingend die Kenntnis der eigenen Wertehaltung zu Nachhaltigkeitsfragen. Dabei geht es auch um Fragen der eigenen Organisation des Vermittlervertriebs, der Vergütungsmodelle, der Gestaltung der Homepage, des Umgangs mit Mitarbeitern oder mit dem Thema Weiterbildung.

Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen reicht nicht

 

„Wir werden als Vermittler nur dann authentisch und kompetent von unseren Kunden wahrgenommen, wenn wir unsere eigenen individuellen Positionen zu Nachhaltigkeitsfragen kennen“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Die formal korrekte Abfrage vorgegebener Stichpunkte reicht nicht aus. Die Beteiligung unserer Branche an der dringend notwendigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft beginnt beim Kundenkontakt im Vermittlerbetrieb. Das ist für uns Verpflichtung und Chance zugleich.“

Prof. Dr. Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund, der nach BVK-Angaben die Checkliste wissenschaftlich begleitet, ergänzt: „Eine jegliche Beschäftigung mit Nachhaltigkeitsfragen muss alle Bereiche des Geschäftsmodells eines Vermittlerbetriebes durchdringen. Das beginnt bei der eigenen Positionierung, der Entscheidung für eine offensive, neutrale oder defensive Grundhaltung und betrifft letztlich jeden einzelnen operativen Prozess.“


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