Finanzbranche baggert besonders intensiv
Kaum eine Branche hat in Deutschland so großen Einfluss auf die Politik wie Banken, Versicherungsunternehmen und andere Akteure der Finanzlobby. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Bürgerbewegung Finanzwende auf Basis des Lobbyregisters des Deutschen Bundestages, das seit einem Jahr besteht.
Unter den Top 100 der finanzstärksten Lobbyorganisationen ist die Finanzbranche nach Angaben der Bürgerbewegung Finanzwende häufiger vertreten als jede andere Branche, selbst im Vergleich zur Autoindustrie oder der Energiebranche. Gleichzeitig verrate der Blick ins Lobbyregister nach Ansicht der Verbraucherschützer, welche Schwachstellen das Instrument hat. „Gerade die Finanzlobby profitiert erheblich davon, dass sie ihren Einfluss im Verborgenen ausübt”, sagt Daniel Mittler, Geschäftsführer der Bürgerbewegung Finanzwende. „Das Lobbyregister ist ein guter Anfang, um Deals in Hinterzimmern etwas entgegenzusetzen – die Vorschriften sind aber längst nicht streng genug.”
Mächtige Player
Die vorhandenen Daten aus dem Lobbyregister zeigten laut Bürgerbewegung bereits deutlich, wie mächtig die Finanzlobby ist: Elf der 100 finanzstärksten Lobby-Akteure sind zum Beispiel Banken, Versicherungsunternehmen oder Investmentgesellschaften. Die zehnfinanzstärksten Akteure der Finanzlobby geben nach eigenen Angaben mehr als 42 Millionen Euro im Jahr aus, um allein die Bundespolitik zu beeinflussen – Landes- und EU-Politik sind von den Angaben im Lobbyregister nicht erfasst.
Reform im Blick
Kritisch diskutieren kann die Öffentlichkeit nach Ansicht von Finanzwende nur, was sie auch kennt – umso wichtiger sei es, dass die Rolle des Lobbyregisters weiter gestärkt wird. Das sieht offenbar auch die Bundesregierung so: Im Koalitionsvertrag finden sich bereits mehrere konkrete Vereinbarungen zur Reform des Registers. „Es ist gut, dass die Ampel den Ernst der Lage erkannt hat”, sagt Daniel Mittler. „Den Ankündigungen müssen jetzt allerdings auch schnell Taten folgen. Jeder Tag, den die Finanzlobby weiter im Verborgenen arbeitet, kann für Verbraucherinnen und Steuerzahler sehr teuer werden.”
Offensive Interessenvertretung
Spitzenreiter bei den Lobbyausgaben ist laut Finanzwende der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Er vertritt die Interessen von Versicherungsunternehmen und investierte im Jahr 2021 dafür rund 15 Millionen Euro. Bis zu 150 Lobbyisten waren für den GDV aktiv. Auch die Bürgerbewegung Finanzwende ist übrigens im Lobbyregister eingetragen. Beide arbeiten nun allerdings häufig nicht im „Hinterzimmer” oder „Verborgenen”, sondern nehmen auch an öffentlichen Expertenanhörungen teil und tragen ihre Anliegen auch offensiv in die Öffentlichkeit.