Fondsverband BVI meldet Rekordjahr
Beim verwalteten Vermögen und Fondsabsatz in Deutschland wurden 2021 neue Bestmarken erzielt, obwohl der Bundesverband Investment und Asset Management bei nachhaltigen Produkten Zurückhaltung registriert. Für den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung hat der BVI ein kleines Lob übrig.
Superlative in der Fondsbranche: Mit Kapitalzuflüssen in Höhe von 256 Milliarden Euro erzielten die Fondsgesellschaften in Deutschland ihr bestes Vetriebsjahr und verwalteten zum Jahreswechsel mit 4,33 Billionen Euro ein Rekordvermögen. Das meldet der Bundesverband Investment und Asset Management. Eine steigende Inflationsrate und Strafzinsen haben Sparer dazu bewegt, verstärkt auch in Publikumsfonds anzulegen. „Besonders stark ist die Zahl der Verträge mit Fondssparplänen gestiegen, wie einige Mitgliedsgesellschaften im vergangenen Jahr berichtet haben. Viele Sparer haben offenbar ihre chronische Distanz zur Wertpapieranlage verloren“, sagt Alexander Schindler, Präsident des BVI.
Bestmarken beim verwalteten Vermögen und offenen Publikumsfonds
Die kräftigen Mittelzuflüsse und die steigenden Aktienkurse haben zu der neuen Bestmarke beim verwalteten Vermögen geführt. In den letzten zehn Jahren ist das Vermögen um über 140 Prozent gestiegen. Hierzulande sind offene Spezialfonds mit einem Vermögen von 2,19 Billionen Euro die größte Fondsgruppe. Zusammen mit den Mandaten im Wert von 634 Milliarden Euro entfallen fast zwei Drittel des verwalteten Gesamtvermögens auf das rein institutionelle Geschäft mit zum Beispiel Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherungsgesellschaften.
Eine weitere Bestmarke gibt es bei den offenen Publikumsfonds. Sie verwalten ein Rekordvermögen von 1,47 Billionen Euro. Das Nettovermögen der geschlossenen Fonds stieg weiter stark auf nun 41 Milliarden Euro an. Der Anstieg zeige, dass die Bedeutung von alternativen Anlageklassen wie zum Beispiel „Private Equity“ und „Private Debt“ für institutionelle Investoren angesichts der Nullzinsen und der attraktiven Renditechancen an den Privatmärkten erheblich zugenommen hat. Allein Beteiligungsfonds haben ihre Assets in den letzten drei Jahren auf 24 Milliarden Euro fast verzehnfacht.
Offene Spezialfonds pushen Neugeschäft
Mit Zuflüssen von 256 Milliarden Euro beim Neugeschäft erzielten Fonds einen neuen Absatzrekord. Die stabile Stütze im Neugeschäft sind laut BVI offene Spezialfonds. Ihnen floss mit netto 131 Milliarden Euro eine neue Rekordsumme zu. Offene Publikumsfonds übertrafen beim Neugeschäft mit 118 Milliarden Euro deutlich ihre bisherige Rekordmarke. Seit 2019 haben Publikumsfonds ihre Zuflüsse pro Kalenderjahr jeweils mehr als verdoppelt. Dazu haben vor allem Privatanleger beigetragen, so der Verband. In den vergangenen beiden Jahren entfielen zusammen über 90 Prozent des Neugeschäfts von Publikumsfonds auf Privatanleger.
Fondsgesellschaften vorsichtig bei Klassifizierung ihrer Fonds als nachhaltig
Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen erzielten 2021 Zuflüsse von 60 Milliarden Euro. (2020: 21 Milliarden Euro). Die Fondsbranche verwaltet insgesamt 588 Milliarden Euro in Publikums- und Spezialfonds, die gemäß der EU-Offenlegungsverordnung als nachhaltig gelten. Damit stecken 16 Prozent des gesamten Fondsvermögens in Produkten mit Nachhaltigkeitsmerkmalen. Bei Publikumsfonds sind es 31 Prozent. Im Vergleich zu anderen Fondsmärkten ist der Anteil eher gering, so der BVI. In der EU entfallen im Schnitt 40 Prozent des Publikumsfondsvermögens auf Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen. Offenbar sind, so der BVI, die Fondsgesellschaften in Deutschland bei der Klassifizierung ihrer Fonds als nachhaltig im Sinne der Offenlegungsverordnung vorsichtiger als ihre Kollegen im Ausland, die ihre Fonds deutlich offensiver als nachhaltig im Sinne der Offenlegungsverordnung einstufen.
Verband sieht positive Ansätze bei neuer Koalition
Der BVI nutze die Vorstellung der Jahresbilanz auch für eine politische Positionierung. So sehe man im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien gute Ansätze. „Die Pläne der Regierung zur Altersvorsorge gehen in die richtige Richtung, sind aber auch dringend erforderlich“, sagte BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Der Interessenverband schlägt vor, dass die Koalition in der ersten Säule der Altersvorsorge das Konzept der Aktienrente nach schwedischem Vorbild weiterverfolgt. Einen Staatsfonds in der privaten Vorsorge lehne man hingegen ab. Positiv wertet der BVI, dass die Koalition die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen prüfen will, und fordert, dabei auch Fondssparpläne als Instrument der Altersvorsorge zu berücksichtigen. Darüber hinaus solle der für die 16 Millionen Riester-Verträge vereinbarte Bestandsschutz durch eine flexible Beitragsgarantie ergänzt werden.
Erfreulich seien auch die Signale für mehr politisches Engagement für den Finanzplatz Deutschland, etwa dass sich die Bundesregierung für die Ansiedlung der EU-Geldwäschebehörde in Frankfurt ausspricht. Die standortpolitische Lethargie der vergangenen Jahre müsse überwunden werden.
Taxonomie und Kapitalmarktunion: EU-Politik wird kritisiert
In Sachen Taxonomie äußert sich der Fondsverband kritisch. Durch die Standards für ökologisches Wirtschaften gebe es zwar mehr Transparenz bei der Bestimmung, was „nachhaltig“ ist. Offen bliebe aber die Frage, welche Produkte als nachhaltig vertrieben werden können. Der BVI setzt sich deshalb nach eigener Aussage dafür ein, die Mindestanforderungen an nachhaltige Produkte EU-weit zu vereinheitlichen, ohne dem Wettbewerb der ESG-Ansätze zu schaden. Die Taxonomie solle sich strikt an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten und kontroverse Themen wie die Frage der Nachhaltigkeit von Atomenergie im Zweifel ausklammern.
In Sachen Kapitalmarktunion sieht der Verband weitestgehend Stillstand, obwohl man das Projekt grundsätzlich begrüße. Richter: „Die EU verhindert den Erfolg der Kapitalmarktunion seit Jahren selbst, vor allem durch falsch verstandenen Verbraucherschutz.“ Vor allem belaste die Umsetzung der vielen EU-Regeln die Fondsbranche mit hohen Kosten – Geld, das für Investitionen in die weitere Digitalisierung oder die Erschließung von Märkten nicht zur Verfügung stehe. Der BVI fordert, die EU-Finanzmarktregulierung künftig an globalen Herausforderungen auszurichten. Dazu gehöre, die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Assetmanager als Regulierungsziel zu verankern und bei Abwägungsentscheidungen der EU-Gesetzgeber und Regulatoren zu berücksichtigen.