Hochwasser: Höhere Schäden, Debatte um Versicherungspflicht
Der Branchenverband GDV beziffert die Schäden durch das Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg auf rund zwei Milliarden Euro. Unterdessen ist die Union im Bundestag mit ihrem Opt-Out-Modell für eine Elementarschadenversicherung gescheitert. Die Debatte um eine Versicherungspflicht hält an.
Die jüngsten Hochwasserereignisse in Bayern und Baden-Württemberg dürften nach einer ersten vorläufigen Schätzung der Versicherungswirtschaft Schäden in Milliardenhöhe verursacht haben. „Wir erwarten versicherte Schäden in einer Größenordnung von etwa zwei Milliarden Euro“, sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Weil insbesondere an der Donau das Hochwasser noch nicht abgelaufen ist, haftet dieser Schätzung noch eine gewisse Unsicherheit an”, so Asmussen weiter. Nach Ende der Hochwasserlage werde der Verband daher erneut den Stand der Schäden bei seinen Mitgliedsunternehmen abfragen.
Mehr Ereignisse, höhere Schäden
In den vergangenen Monaten hatten die Versicherer bereits zweimal für Überschwemmungen einzustehen. Über Weihnachten traten in Nord- und Mitteldeutschland viele Flüsse über die Ufer, dabei entstand ein Schaden von schätzungsweise 200 Millionen Euro. Ähnlich teuer für die Versicherer war laut vorläufiger GDV-Prognose das Hochwasser im Saarland und Rheinland-Pfalz über die Pfingstfeiertage. Die bislang folgenschwerste Naturkatastrophe war die sogenannte Juli-Flut von 2021, die insbesondere in Rheinland-Pfalz und in Nordrhein-Westfalen Verwüstungen anrichtete. Damals entstand ein versicherter Schaden von knapp neun Milliarden Euro.
Debatte über Versicherungspflicht hält an
Die CDU-Fraktion ist unterdessen mit ihrem Vorstoß für eine stärkere Verbreitung von Elementarschadenversicherungen per sogenanntem Opt-Out gescheitert. Der Bundestag stimmte mehrheitlich gegen den Antrag. Vertreter der Ampelkoalition sprachen sich für eine Pflichtversicherung von Wohnhäusern gegen Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen aus, wobei einigen das französische System als Vorbild dient. Die FDP-Fraktion steht dem Vorhaben aber kritisch gegenüber.
Der Bundesrat hatte die Bundesregierung bereits vor mehr als einem Jahr aufgefordert, einen Vorschlag für eine bundesgesetzliche Regelung zur Einführung einer Pflichtversicherung vorzulegen. Eine dazu eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll nach Angaben des Bundesjustizministeriums bis zum nächsten Treffen der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 20. Juni ein Ergebnis vorlegen.
Derweil bekräftigte der GDV in der Debatte um eine Pflichtversicherung für elementare Naturgefahrenschäden seine Gesprächsbereitschaft. „Wir stehen bereit für Gespräche mit der Politik“, sagte Asmussen. „Für uns ist wichtig, dass wir nicht ausschließlich über Versicherungslösungen diskutieren, sondern dass wir in Deutschland viel mehr tun, um Naturgefahrenschäden zu vermeiden. Dazu gehören zum Beispiel bessere Hochwasserschutzanlagen. Nur so können wir die Spirale aus steigenden Schäden und steigenden Prämien durchbrechen“, so Asmussen.
Vorbild Frankreich?
In Frankreich sind Naturgefahren seit 1982 über das sogenannte System Catastrophe Naturelles, kurz CatNat-System, abgesichert. Dieses besteht zusätzlich zum privatwirtschaftlichen System, mit dem Risiken wie Feuer, Blitzschlag oder Hagel abgesichert werden. Zusätzlich zu ihrer Prämie zur Wohngebäudeversicherung zahlen die Versicherungsnehmer eine staatlich festgelegte Prämie. Dabei spielt es keine Rolle, wo sie wohnen – die Prämie bleibt gleich. In Frankreich kostet die Elementarschadenversicherung nur durchschnittlich 26 Euro im Jahr und schützt 98 Prozent der Haushalte. Übersteigen die Kosten die Einnahmen dieses Solidaritätsfonds, springt der Staat ein. Das System stößt allerdings wegen der hohen Schadenssummen insbesondere wegen der Folgen von Trockenheiten, zunehmend an seine Grenzen. Im Jahr 2022 beliefen sich die Elementarschaden-Beiträge auf 1,88 Milliarden Euro. Die Gesamtkosten für versicherte Schäden beliefen sich auf 250 bis 360 Millionen Euro für Überschwemmungen und auf 2,9 Milliarden Euro für Dürren.