Pflegeversicherung: Höhere Beiträge statt Reform
Der starke Anstieg der Pflegebedürftigen gefährdet die Zahlungsfähigkeit der gesetzlichen Pflegeversicherung. Beitragszahler müssen sich auf höhere Beiträge einstellen. Eine erforderliche Reform schließt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorerst aus. Tipp: Private Vorsorge verringert das Risiko eines persönlichen Pflegenotstands.

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Karl Lauterbach (SPD) zieht den Unmut der Krankenkassen auf sich. Erst warnt der Bundesgesundheitsminister vor einem „explosionsartigen Anstieg der Pflegebedürftigen“ in Deutschland, der eine Finanzreform der Pflegeversicherung erfordere. Anschließend schließt er sie für die laufende Legislaturperiode praktisch aus. „Für Verschiebungen in die nächste Legislaturperiode ist jetzt keine Zeit“, kritisiert Anne-Kathrin-Klemm, Vorstandsmitglied beim Dachverband der betrieblichen Krankenversicherungen (BKK). Der ehrenamtliche Vorsitzende beim Verband der Ersatzkassen (VdEK), Uwe Klemens, wirft der Ampel vor, Löcher in der sozialen Pflegeversicherung erneut über höhere Beitragssätze stopfen zu wollen.
Zahlungsfähigkeit der gesetzlichen Pflegeversicherung in Gefahr
Fakt ist: Die gesetzliche Pflegeversicherung ist unterfinanziert. Nach Einschätzung des VdEK werden die zur Verfügung stehenden Finanzmittel bereits im ersten Quartal 2025 weniger als eine Monatsausgabe betragen. Um die Zahlungsfähigkeit des Gesamtsystems sicherzustellen, dürfte bereits Anfang des Jahres an der Beitragsschraube gedreht werden – wenn nicht zusätzliches Steuergeld bereitgestellt wird. Allerdings wurde im Zuge der Bundeszuschuss für die soziale Pflegeversicherung in diesem Jahr im Zuge der Haushaltssanierung für die Schuldenbremse ersatzlos gestrichen. Auch der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit hält das für einen gravierenden Fehler: „Ohne eine zusätzliche Säule der Steuerfinanzierung wird es nicht gehen“, sagt Andreas Storm.
Erneute Anhebung der Beiträge wahrscheinlich
Derzeit liegt der Beitragssatz zur Pflegeversicherung bei 3,4 Prozent des Bruttoeinkommens. Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen den Beitrag jeweils zur Hälfte, Kinderlosen werden zusätzlich mit 0,6 Prozent zur Kasse gebeten. Die letzte Beitragsanhebung liegt erst ein Jahr zurück und sollte bis 2026 halten. Nun muss Lauterbach mutmaßlich früher handeln – zumal er nicht auf die Unterstützung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zählen kann.
GKV-Spitzenverband widerspricht dem Gesundheitsminister
Der Pflegealarm des Gesundheitsministers dürfte denn auch ein gehöriges Maß politisches Kalkül beinhalten. So behauptet Lauterbach, dass 2023 demografisch bedingt mit einem „Zuwachs von rund 50.000 Personen“ zu rechnen gewesen war. Tatsächlich betrage das Plus über 360.000, so der SPD-Politiker. Der Arithmetik Lauterbachs widerspricht allerdings der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) vehement: „Seit Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs 2017 steigt die Anzahl der Pflegebedürftigen jedes Jahr im Durchschnitt um rund 326.000.“ Im Vorjahresvergleich fällt der Anstieg allerdings deutlicher aus. 2022 haben 270.000 Menschen einen Pflegegrad neu erhalten.
Pflegenotstand mit privater Absicherung kontern
Wie auch immer gerechnet wird: Die Lage der gesetzlichen Pflegeversicherung wird immer brenzliger. Die ersten Babyboomer, die größtenteils das System mit ihren Beitragszahlungen und Pflegeleistungen im familiären Bereich stützen, werden absehbar zu einer großen Belastung. Hinzu kommt der Pflegenotstand – es fehlen Unterkünfte und Pflegefachkräften.
Damit der Pflegefall nicht zum finanziellen Notfall wird, ist private Absicherung wichtiger denn je. FOCUS MONEY-Versicherungsprofi hat die besten Pflegetagegeld-Policen einem Preis-Leistungs-Vergleich unterzogen.
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