18.05.2022 Digital

Der Insurtech-Markt, die Berater und der Boom

Die Versicherungsforen Leipzig, ein Beratungsunternehmen mit Affinität zu Insurtechs, kommen in einer Marktanalyse zu überraschend positiven Einschätzungen. Für eine starke Erholung der Insurtech-Szene und einer neuen Gründermentalität in Deutschland fehlen aber nachvollziehbare Daten.

Insurtechs sind digital aufgestellte Unternehmen, die die Versicherungsbranche durch neue technische Systeme und alternative Geschäftsmodelle verändern wollen. (Foto: © ra2 studio - stock.adobe.com)
Insurtechs sind digital aufgestellte Unternehmen, die die Versicherungsbranche durch neue technische Systeme und alternative Geschäftsmodelle verändern wollen.
(Foto: © ra2 studio - stock.adobe.com)

Das New Players Network, eine Initiative des Beratungsunternehmens Versicherungsforen Leipzig, hat die aktualisierte Version eines Überblicks über Entwicklungen im Insurtech-Markt veröffentlicht. Demnach tummeln sich derzeit 195 Start-ups in der sogenannten DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz).

Kein Beleg für eine Trendumkehr

 

Die Untersuchung zeigt einen dramatischen Einbruch bei den Neugründungen: 2017 waren es noch 40, zu Beginn der Pandemie im Jahr 2020 18 und nun im vergangenen Jahr gerade einmal noch vier. Einige Start-ups mussten sogar Insolvenz anmelden, heißt es in einer begleitenden Presseveröffentlichung. Ohnehin tun sich Insurtechs auf dem deutschen Markt generell schwer. Zwar konnten sich viele Akteure mittlerweile einen Namen in der Branche machen und wachsen stattlich, profitabel sind sie dabei aber in der Regel nicht. Bekannte Beispiele sind Ottonova, Neodigital oder Getsafe. Sie alle schrieben auch 2021 rote Zahlen. Insofern überrascht die Einschätzung, dass sich die Szene weitestgehend erholt habe und nach der Corona-Krise wieder eine neue Gründermentalität zu beobachten sei. Einen Beleg dafür, dass die Zahl der Existenzgründungen und der Beschäftigten wieder ihr Vor-Pandemie-Niveau erreicht hätten, liefert New Players Network nicht.

Mehr Unicorns und Decacorns erwartet

 

Doch die Autoren wagen sich noch weiter aus dem Fenster: Die Relevanz der Insurtech-Branche werde auch 2022 weiter zunehmen. Ein Grund sei, dass die Krise neben einer neuen Fokussierung der Geschäftsmodelle auf Gesundheit und gesundheitliche Absicherung einen Digitalisierungsboom mit sich gebracht habe. „Es stehen nun Eigenschaften wie Einfachheit, Wissensvermittlung und Erreichbarkeit im Mittelpunkt. Dies bietet großes Potenzial für zukünftige Insurtechs“, sagt Felix Sandt, Head of Network bei New Players Network. Sandt rechnet sogar mehr Unicorns und sogar Decacorns, also Unternehmen mit mehr als einer bzw. zehn Milliarden Euro Marktwert. Bisher gebe es im deutschsprachigen Markt davon mit Clark und Wefox zwei solcher Unternehmen.

Trends allesamt positiv für Insuretchs

 

Auch der Nachhaltigkeitstrend sei im Insurtech-Markt angekommen und biete Chancen, sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Außerdem würden zunehmend große Versicherer über Tochterfirmen oder Investitionen in neue Geschäftsmodelle den Markt erschließen. Die Angebote der Start-ups seien für das Kerngeschäft der Versicherer interessant oder sogar notwendig. „Große Firmen suchen vermehrt nach Innovationsimpulsen von außen, um ihre eigene Zukunftsfähigkeit zu sichern“, sagt Theresa Löwe, Head of Transformation beim New Players Network.  

Überblick mit Schwächen

 

Über die Markteinschätzung hinaus stellen die Versicherungsforen Leipzig neue Player (Gründung 2019) und deren Geschäftsmodelle vor. Die Unternehmen werden dabei Kategorien zugeordnet, die allerdings nicht trennscharf sind. Mehrere Anbieter sind breit aufgestellt und wenden sich nicht nur mit eigenen Policen an Endkunden, sondern bieten zusätzlich Versicherern White-Label-Lösungen oder Services und Tools für Datenanalyse und Vertrieb an. Das lässt die Zuordnung mitunter fragwürdig erscheinen. Außerdem fehlen häufig Information zu den Investoren der Start-ups.

Subjektive Einschätzungen, erwünschter Dialog

 

Allerdings weisen die Autoren der Untersuchung darauf hin, dass sie Partei sind und subjektive Bewertungen und Einschätzungen vornehmen: „Wir glauben, dass Insurtechs gut und notwendig sind für eine Branche, die sich in einem nachhaltigen Wandel befindet. Wir unterstützen deren Marktaktivitäten und glauben an kooperative Ansätze mit der Assekuranz.“  Für einen offenen Austausch zu nicht nachvollziehbaren oder diskussionswürdigen Positionen stehe man jederzeit zur Verfügung. Wer sich ein eigenes Bild machen und in genau diesen Austausch gehen will, kann die vollständige Insurtech-Übersicht hier herunterladen.


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