Was genau ist eigentlich „Grund und Boden“?
Im Streit um eine überschwemmte Terrasse musste das OLG Dresden eine besonders strittige Begrifflichkeit klären. Warum die Versicherte trotz eines wichtigen Teilerfolgs am Ende leer ausging, erläutern die FOCUS MONEY-Versicherungsprofi-Experten Jem Schyma und Raimund Mallmann.

(Foto: WILHELM Rechtsanwälte )
Die Ausgangslage.
Eine Hauseigentümerin entdeckte an Heiligabend 2023 im Keller ihres Wohngebäudes einen Wasserschaden. Zuvor hatte es tagelang stark geregnet. Sie meldete den Schaden bei ihrem Gebäudeversicherer als Elementarschaden. Dieser zweifelte jedoch an einer Überschwemmung des Grundstücks gemäß Vertragsbedingungen und lehnte die Deckung ab.
Der Rechtsstreit.
Das Landgericht Leipzig, gab dem Versicherer zunächst recht (Az. 3 O 1016/24). Eine Überschwemmung erfordere laut Versicherungsbedingungen, dass erhebliche Wassermengen den „Grund und Boden“ des Versicherungsgrundstücks überfluten. Gemäß einer Zeugenaussage war lediglich die Terrasse überschwemmt. Solche versiegelten Flächen fallen jedoch nicht unter den Versicherungsschutz.
Der Hintergrund.
Die allgemeinen Versicherungsbedingungen definieren eine versicherte Überschwemmung i.d.R. als „Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser“. Diese Auffassung teilt auch der Bundesgerichtshof. Laut einem Urteil von 2005 müssen sich für eine begründete Überflutung „erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln“(Az. IV ZR 252/03).
Mit „Geländeoberfläche“ ist nach überwiegender Rechtsauffassung allerdings ausschließlich die unbebaute, unversiegelte Geländeoberfläche des versicherten Grundstücks gemeint (z.B. Garten), nicht jedoch die versiegelte Terrasse. Im Klartext: Nur wenn sich das Wasser in diesem Bereich anstaut, muss die Elementarversicherung einspringen.
Die Berufung.
Das Oberlandesgericht Dresden (Az. 4 U 1685/24) äußerte nun Zweifel an dieser Auffassung. Unter „Grund und Boden” könne man auch eine von Menschenhand bearbeitete (also eine geflieste, gepflasterte, betonierte oder anders versiegelte) Fläche verstehen. Insofern seien die Versicherungsbedingungen hier nicht eindeutig. Im konkreten Fall gab das OLG dem erstinstanzlichen Gericht jedoch im Ergebnis recht: Denn der Klägerin sei der Nachweis einer versicherten Überschwemmung auch auf der ebenerdigen Terrasse nicht gelungen.
Die Bewertung.
Das OLG Dresden weckt begründete Zweifel an der herrschenden Auffassung, dass für den Eintritt des Versicherungsfalls „Überschwemmung“ Wasser auf einer unbebauten Geländeoberfläche stehen müsse. Der Fall verdeutlicht jedoch auch, dass der Nachweis einer versicherten Überschwemmung auch bei dieser großzügigeren Definition von „Grund und Boden“ äußerst schwierig bleibt.
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