Elementarschäden: Mehrheit pro Versicherungspflicht
Laut einer aktuellen KfW-Befragung befürworten 63 Prozent aller Haushalte eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden. In der Politik deutete sich zuletzt an, dass der Weg auch in diese Richtung gehen dürfte.
Es ist ein ziemliches Ränkespiel, das um die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden seit der schlimmen Flutkatastrophe an Erft und Ahr vor genau einem Jahr aufgeführt wird. Lange gab es unklare Signale aus der Politik und die Versicherungswirtschaft nutzte jede Gelegenheit, die Forderung zurückzuweisen und das eigene Opt-out-Modell ins Spiel zu bringen. Doch mittlerweile stehen die Zeichen pro Versicherungsplicht. Vor wenigen Wochen machten die zuständigen Minister der Bundesländer den Weg dafür frei.
Bekanntlich ist die Absicherung gegen Risiken aus Extremwetterereignissen wie Hochwasser und Überschwemmungen in Deutschland keineswegs flächendeckend verbreitet. Laut Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft sind nur die Hälfte der Gebäude in Deutschland gegen diese Gefahren versichert. Gerade diese niedrige Versicherungsquote in Verbindung mit den hohen finanziellen Risiken für den einzelnen Eigentümer oder Besitzer einer Immobilie ist ein Argument der Befürworter der Versicherungspflicht.
Klare Mehrheit für eine Versicherungsplicht
Nun zeigt eine repräsentativen Befragung der Kreditanstalt für Wiederaufbau zum jährlichen „KfW-Energiewendebarometer 2022“, dass mit 63 Prozent der Haushalte auch eine deutliche Mehrheit aufgeschlossen für eine solche Pflichtversicherung ist. Eigentümer stimmen dabei mit 69 Prozent deutlich häufiger zu als Mieter (59 Prozent). Das mag auch mit der allgemeinen Einschätzung einer wachsenden Gefahr von Extremwettereignissen liegen. Laut der Untersuchung nehmen 68 Prozent der Haushalte an, dass die Folgen des Klimawandels sie bereits heute beeinträchtigen oder dies zukünftig tun werden.
Gegner sehen den Staat oder Betroffene selbst in der Verantwortung
Diese robuste Mehrheit für eine Pflichtversicherung ist aus Sicht der Autoren auch deshalb interessant, weil die Meinungen bei der Frage, wer statt einer Versicherung sonst im Schadensfall aufkommen soll, deutlich auseinander gehen. So wurden die Haushalte, die sich gegen eine Pflichtversicherung ausgesprochen haben, gefragt, wer stattdessen im Schadenfall zur Verantwortung gezogen werden solle. Mehr als die Hälfte dieser Haushalte (54 Prozent) spricht sich dann dafür aus, dass der Staat für entstehende Schäden aufkommt. Doch auch die Ansicht, dass die Betroffenen selbst für entstandene Schäden aufkommen sollten, erhält breiten Zuspruch (46 Prozent). In den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zeigen sich dann sogar wechselnde Mehrheiten: Während sich einkommensschwächere Haushalte deutlich für den Staat aussprechen (67 Prozent), sehen einkommensstärkere Haushalte mehrheitlich (57 Prozent) die Betroffenen selbst in der Verantwortung. Eine Pflichtversicherung würde aus Sicht des KfW dieses Spannungsfeld entschärfen.
Keine Abweichung in besonders stark betroffenen Bundesländern
Zwischen der wahrgenommenen Beeinträchtigung durch den Klimawandel und der Zustimmung zu einer Pflichtversicherung zeigt sich hingegen kein deutlicher Zusammenhang. In den beiden von der Hochwasserkatastrophe 2021 am stärksten betroffenen Ländern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen liegt die Zustimmung zur Pflichtversicherung mit 64 Prozent nur leicht oberhalb des Durchschnitts. Auch bei Haushalten, die unabhängig vom Bundesland eine aktuelle oder künftige persönliche Bedrohung durch den Klimawandel sehen, erreicht die Zustimmung zur Pflichtversicherung mit 67 Prozent einen nur leicht überdurchschnittlichen Anteil.
KfW fordert Anreize zur Risikovermeidung
„Eine breite Mehrheit der Haushalte in Deutschland steht einer Pflichtversicherung für Elementarschäden aufgeschlossen gegenüber. Politisch erscheint sie damit umsetzbar. Dazu stellt sie vor dem Hintergrund der Zunahme von extremen Wetterereignissen einen wichtigen Beitrag dar zur Absicherung des Vermögens von großen Bevölkerungsteilen dar. Die Bevölkerung bewertet Alternativen dazu – Kostenübernahmen durch den Staat oder durch die Betroffenen – deutlich kontroverser“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW-Bankengruppe. Zu einer Versicherungspflicht als Basisversicherung gehöre vor allem eine risikoadäquate Prämie, die für Eigentümer auch Anreize zur Risikovermeidung bzw. -minderung setzt, beispielsweise, um Neubauten in gefährdeten Gebieten unattraktiver zu machen. Gleichzeitig müsse bei einer Pflichtversicherungslösung auch für diejenigen Haushalte eine Lösung gefunden werden, die von einer zu hohen individuellen Prämie überfordert wären, so die KfW.