Altersvorsorge: Muss man Arbeitnehmer zu ihrem Glück „zwingen“?
Laut einer Aon-Studie sind Arbeitnehmer aufgeschlossen gegenüber einer inkludierten betrieblichen Altersvorsorge. Solche „Stay-in“-Modelle könnten dem „Sorgenkind“ bAV zum erhofften Durchbruch verhelfen.
Am politischen Willen mangelt es nicht: Der Gesetzgeber gibt sich alle Mühe, die betriebliche Altersvorsorge (bAV) so schmackhaft wie möglich zu machen. Zu Jahresbeginn hat er nun den Turbo gezündet. Seit 2022 sind Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, zusätzlich 15 Prozent in die bAV ihrer Mitarbeiter einzuzahlen, wenn diese in Form einer Entgeltumwandlung über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds erfolgt. Die Regelung gilt für Neu- wie für Altverträge. Damit greift die letzte Stufe des sogenannten Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG).
Fraglich bleibt jedoch, ob diese Maßnahmen den gewünschten Effekt erzielen. Denn trotz politischen Rückenwinds blieb der erwartete Ansturm auf die bAV in den letzten Jahren aus. Und dass, obwohl viele Arbeitgeber die gesetzlichen Mindestzuschüsse freiwillig aufstocken. Die Gründe für die Zurückhaltung liegen laut Experten vor allem am fehlenden Wissen der Beschäftigten und dem komplizierten Verfahren der Entgeltumwandlung.
Automatische bAV als Hoffnungsträger
Einen deutlichen Schub für die bAV könnten womöglich sogenannte „Stay-in“-Modelle bringen. Dabei macht der Arbeitgeber die Entgeltumwandung automatisch zum Bestandteil von neuen Arbeitsverträgen – sofern der Arbeitnehmer dies nicht ausdrücklich ablehnt. Alternativ nennt man das auch „Opting-out“.
Eine Umfrage des Beratungs- und Dienstleistungsunternehmens Aon zeigt, wie aussichtsreich diese Variante ist. So bewerten von den insgesamt 518 gefragten Arbeitnehmern (ohne Führungsverantwortung) fast 70 Prozent „Stay-in“-Modelle für die betriebliche Altersversorgung positiv. Sie sind offen dafür, dass ein Teil ihres Gehalts automatisch in die betriebliche Altersversorgung einfließt, wenn sie nicht aktiv widersprechen. Gefragt nach konkreten Sparsummen wäre über die Hälfte der Arbeitnehmer bereit, 50 Euro netto pro Monat zu investieren. Nur 13 Prozent würden auf jeden Fall widersprechen.
Unternehmen profitieren durch Imagegewinn
Beträgt der Zuschuss die Hälfe des Eigenbetrags, wären zwei Drittel der befragten Arbeitnehmer auf jeden Fall dabei. „Arbeitgeber brauchen also nicht zu befürchten, potenzielle Mitarbeiter mit solchen Modellen zu verschrecken“, konstatiert Gundula Dietrich, Geschäftsführerin bei der Aon Solutions Germany GmbH. „Im Gegenteil: Entsprechende Angebote sind sehr willkommen und können dazu beitragen, die Attraktivität des Unternehmens zu steigern.“
Entscheidend sei, dass durch die Möglichkeit zu widersprechen, die Arbeitnehmer die Hoheit über ihre Entscheidung behielten. „Gleichzeitig wird es ihnen jedoch viel leichter gemacht, etwas für ihre Altersversorgung zu tun“, so Dietrich. Sie sieht in den Umfrageergebnissen auch ein Signal an die Tarifparteien, den Weg für die im Betriebs-rentenstärkungsgesetz (BRSG) vorgesehenen „Opting-out“-Modelle freizumachen. „Die bisherige Zurückhaltung bei der Umsetzung von Opting-out-Modellen erscheint im Licht der Umfrageergebnisse nicht angebracht”, so Dietrich.