02.11.2022 Sparten/Produkte

BdV-Studie zu Koppelprodukten unter Beschuss

Aussagen bei der Vorstellung einer BdV-Studie hatten den Eindruck erweckt, eine Untersuchung des Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften sei von der Branche gekauft. Nun wettert das Unternehmen kräftig gegen den Verbraucherverein und versucht dessen Berechnungen zu genannten Koppelprodukten zu widerlegen.

Dass der Bund der Versicherten (BdV) sich mit anderen Branchenakteuren über Studien oder deren Interpretation streitet, ist nicht neu. (Foto: © eelnosiva - stock.adobe.com)
Dass der Bund der Versicherten (BdV) sich mit anderen Branchenakteuren über Studien oder deren Interpretation streitet, ist nicht neu.
(Foto: © eelnosiva - stock.adobe.com)

Diese Reaktion kommt nicht überraschend: Nachdem der Bund der Versicherten im Zuge der Veröffentlichung einer eigenen Studie indirekt drastische Kritik am Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (Ifa) geäußert hatte, schlägt das Beratungsunternehmen nun zurück.

BdV-Studie ein Generalangriff auf den Vertrieb von Koppelprodukten

 

Der Verbraucherverein hatte im Oktober eine in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Hartmut Walz erstellte Studie vorgestellt. Sie sollte belegen, dass sogenannte Koppelprodukte, die Arbeitskraft- und Alterssicherung kombinieren, für Kunden unvorteilhaft sind. Besser als eine Fondspolice, an der eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung hängt, sei demnach eine selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung mit separatem Fondssparplan. Was bei der Vorstellung der Ergebnisse auffiel, war nicht nur das Bemühen, die eigenen Berechnungen zu erklären, sondern auch die verbalen Giftpfeile in Richtung der Anbieter. So sagte Walz, der als polarisierender Autor in der Finanzbranche bekannt ist: „Viele junge Menschen schließen solche Produkte ab, auch weil Strukturvertriebe an Hochschulen kräftig dafür Werbung machen.“ Walz behauptete zudem, dass Untersuchungen, die zu anderen Ergebnissen kämen als die BdV-Studie, von der Branche gekauft seien und nannte in diesem Zug eine Ifa-Studie aus dem Jahr 2020 im Auftrag des Finanzdienstleistungsunternehmens MLP.

Ifa weist Vorwurf zurück und rechtfertigt eigene Studie

 

Genau diese Aussage dürfte der Stein des Anstoßes für das Unternehmen aus Ulm gewesen sein. Das Ifa bezieht sich in einer Stellungnahme auf Presseartikel, aus denen hervorgehe, dass die eigene Studie aus dem Jahr 2020 gezielt diskreditiert und als „von der Branche gekauft“ bezeichnet wurde. „Dies weisen wir entschieden zurück und werden im weiteren Verlauf belegen, dass unsere damaligen Ergebnisse auch heute noch fachlich korrekt sind.“ Tatsächlich zeigt die 17-seitige Veröffentlichung den enormen Eifer der Ifa-Forscher, die eigene Expertise zu belegen und die BdV-Ergebnisse durch neue Berechnungen zu revidieren. Dabei fällt allerdings kein einziges Wort über den Auftraggeber der Studie. Auch wenn der BdV seine Behauptungen zu „gekauften“ Studien kaum belegen kann, bleibt die Frage nach etwaigen Interessenkonflikten mit dem Auftraggeber MLP, der genau die Art von Produkten verkauft, um die es in den beiden Studien geht.

Pauschale Bewertung der Produkte nicht möglich

 

Die damalige Untersuchung, die sich mit Vor- und Nachteilen einer Koppelung von Berufsunfähigkeitsschutz und Altersvorsorge im Rahmen einer Basisrente beschäftigt hatte, kam laut Ifa zu folgendem Schluss: „Nach Analyse zahlreicher Vertragskonstellationen kamen wir zu dem Urteil, dass die gekoppelte Variante zwar in einigen qualitativen Kriterien (insbesondere in Bezug auf Flexibilität) Nachteile gegenüber der entkoppelten Variante aufweist, dass aber umgekehrt die Gruppe der Verbraucher, für welche die gekoppelte Variante in den quantitativen Kriterien vorteilhaft ist, sehr groß ist.“ Eine pauschale Ablehnung dieser Variante verbiete sich genauso wie eine pauschale Aussage, dass diese Variante immer die bessere Wahl sei.

Fachlicher Fehler, Mangel an Grundkenntnissen, ungeeignetes Studiendesign

 

Kritik äußert das Unternemen auch daran, dass der BdV die eigene Studie nicht öffentlich zugänglich gemacht und dem Ifa auch auf Nachfrage nur gegen eine „unangemessene Gebühr“ (1399 Euro) angeboten habe. Dennoch habe man genug Informationen, um zu belegen, „dass den Autoren ein fundamentaler fachlicher Fehler unterlaufen ist, der von einem Mangel an Grundkenntnissen über die Kalkulation von Rentenversicherungsprodukten zeugt.“ Dieser Fehler habe dazu geführt, dass die entkoppelte im Vergleich zur gekoppelten Variante sehr viel besser dargestellt wird als sie tatsächlich sei. So hat der BdV dem Ifa zufolge nicht bedacht, dass Lebensversicherer bei der Kalkulation von aufgeschobenen Rentenversicherungen von einem zukünftigen Anstieg der Lebenserwartung ausgehen. „Bereits die Korrektur dieses fundamentalen fachlichen Fehlers verändert das in der BdV-Studie vermittelte Bild völlig.“

Ein weiterer Vorwurf: Die Autoren der BdV-Studie unterstellten, dass bei der entkoppelten Variante ein anderer BU-Schutz erworben werde als bei der gekoppelten Variante. „Das Studiendesign des BdV vermischt somit Effekte, die aus dem unterschiedlichen Preis der BU-Produkte resultieren, mit den Vor- und Nachteilen der Koppelung.“ Das Studiendesign sei somit „offensichtlich ungeeignet“, um die Frage zu beantworten, ob die Koppelung per se finanziell vorteilhaft ist oder nicht.

BdV kündigt Prüfung an

 

Auf Basis der vorliegenden Informationen über die BdV-Studie hat das Ifa nach eigener Aussage sowohl den angeblichen fachlichen Fehler der Untersuchung als auch deren angeblich ungeeignetes Studiendesign korrigieren können. Danach ergebe sich ein deutlicher Vorteil der gekoppelten Variante in den quantitativen Kriterien. „Wir sehen somit das Fazit unserer Studie bestätigt und fordern den BdV auf, seine Studie zurückzuziehen oder zu korrigieren.“ Der BdV kündigte vergangene Woche laut Medienberichten an, die Ifa-Stellungnahme zu prüfen. Eine konkrete Reaktion ist bis dato aber noch nicht erfolgt.


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