09.05.2022 Sparten/Produkte

BU-Rating von Morgen & Morgen: Fünf Sterne und ein kleiner Rest

447 von 571 Tarifen bekommen vom Analysehaus die Top-Note: In der Berufsunfähigkeitsversicherung steigt das Leistungsniveau erneut. Die Probleme allerdings bleiben. Preislich attraktiv sei das Produkt nur für einen erlesenen Kreis.

Qual der Wahl: Laut M&M-Rating lassen die Tarife in der BU-Versicherung in Sachen Qualität keine Wünsche offen. (Foto: © Looker_Studio - stock.adobe.com)
Qual der Wahl: Laut M&M-Rating lassen die Tarife in der BU-Versicherung in Sachen Qualität keine Wünsche offen.
(Foto: © Looker_Studio - stock.adobe.com)

Nach den Erwerbsunfähigkeits- und Grundfähigkeitsversicherungen hat sich die Ratingagentur Morgen & Morgen nun auch die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) vorgenommen. Das aktuelle Rating bewertet 571 Tarife und Tarifkombinationen, drei mehr als im Vorjahr. Insgesamt ist dabei erneut ein deutlicher Ruck nach oben zu verzeichnen. So werden 447 Tarife mit der Höchstbewertung von fünf Sternen ausgezeichnet. Das sind 41 mehr als im vergangenen Ratingjahrgang. Die Kategorie mit vier Sternen ist dadurch entsprechend ausgedünnt, kommt aber immer noch auf 38 Tarife. Auch das Segment der durchschnittlichen Tarife enthält mit 62 Tarifen acht Tarife weniger als im Vorjahr. Lediglich elf Tarife wurden mit zwei Sternen bedacht.

Vier Anbieter teilen sich 13 durchgefallene Tarife

 

Am Ende des Feldes stehen 13 Produkte mit der sehr schwachen Bewertung von einem Stern. Diese Tarife verteilen sich auf die vier Anbieter Bayerische (sechs Tarife), Interrisk (ein Tarif), Mecklenburgische (drei Tarife) sowie Württembergische (drei Tarife). Angemerkt sei hier allerdings, dass es sich hierbei häufig um Einsteiger-Tarife handelt – so verfügen Bayerische, Interrisk und Württembergische auch über zahlreiche Tarife im Fünf-Sterne-Segment.

Wettbewerb über die Differenzierung einzelner Bedingungen

 

Die Analyse der Bedingungswerke zeigt nach Einschätzung der Experten, dass sich vor allem die Teilzeitklausel durchsetzt. Waren es im Jahr 2021 nur 14 Gesellschaften, so sind es heute 27 Versicherer, die das Thema in ihren Bedingungen verankern. Eine große Dynamik verzeichne aktuell die Nachversicherung. Hier finde eine zunehmende Differenzierung statt – hinsichtlich der Altersgrenzen, der maximalen Rentenhöhen, der Ereignisse, die zur Nachversicherung berechtigen, und ob bei der Nachversicherung nur auf eine Gesundheitsprüfung oder auf die komplette Risikoprüfung verzichtet wird. Insgesamt liege die BU bedingungseitig auf höchstem Niveau. Der Wettbewerb werde auch in Zukunft vorwiegend über die Differenzierung einzelner Bedingungen stattfinden.

Preislich nur für kleine Gruppe attraktiv

 

Wie üblich bettet Morgen & Morgen sein Rating in einen „Marktblick“ ein und verschweigt auch nicht die Probleme dieser Form der Existenzsicherung. Preislich attraktiv sei die BU „nur für einen erlesenen Kreis“, geben die Autoren zu bedenken. Bei einer Analyse von 50 gängigen Berufen stellte Morgen & Morgen fest, dass sich die günstigsten Tarife im Neugeschäft hier um 3,1 Prozent verteuert haben. Über alle Tarife gerechnet, lag die Preissteigerung bei rund einem Prozent. Ohnehin gilt die BU als vergleichsweise teuer, insbesondere für Menschen mit Vorerkrankungen oder einem aus Sicht der Versicherer ungünstigen beruflichem Umfeld.

Dennoch: Großflächige Beitragserhöhungen erwarten die Analysten nicht. So hätten viele Anbieter sich gerade im Teilbereich BU-Beitragsstabilität im Vergleich zum Vorjahr verbessern können. „Trotz der schwierigen finanziellen Lage am Kapitalmarkt besteht bei den gut bewerteten Versicherern kein signifikantes Risiko für starke Beitragserhöhungen im Bestand“, sagt Andreas Ludwig, Bereichsleiter Rating & Analyse bei der Morgen & Morgen GmbH.

Psychische Erkrankungen bleiben häufigste Ursache

 

Eine weitere Erkenntnis: Nicht jeder, der eine BU-Versicherung abschließt, ist gesund. Unter den Beantragenden mit Vorerkrankungen werden jedoch 77 Prozent ohne Erschwernis angenommen. 15 Prozent werden mit Ausschlüssen und/oder Zuschlägen abgesichert. Nur vier Prozent erhalten eine Absage des Versicherers. Als Hauptursache für eine Berufsunfähigkeit bilden die Nervenkrankheiten weiterhin mit 33,51 Prozent die Spitze. Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparates rangieren mit großem Abstand (20,05 Prozent) dahinter, gefolgt von Krebserkrankungen (17,42 Prozent). Ludwig: „Insgesamt sorgt die stetig verbesserte medizinische Versorgung für eine Rückläufigkeit bei körperlichen Erkrankungen.“ Die psychischen Auswirkungen der Corona-Pandemie zeigten sich nicht in den Statistiken jedoch noch nicht.

Kunden müssen Ablehnung oft selbst verantworten

 

Leistungsablehnungen und Gerichtsprozesse sind ebenso Teil des Alltags im Markt der BU-Versicherungen. Experten schätzen, dass es bei etwa 20 bis 30 Prozent der eingereichten Anträge schlussendlich zu keiner Zahlung kommt. Bemerkenswert: Der Abbruch der Kommunikation durch den Versicherungsnehmer führt mit 38 Prozent nach wie vor die Rangliste der Ablehnungsgründe an, dicht gefolgt von dem Umstand, dass der Versicherte den geforderten 50-prozentigen BU-Grad nicht erreicht. Die Ablehnungsgründe aufgrund vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzungen seien dagegen in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen. „Gründe hierfür könnten sowohl die immer weiter konkretisierten Antragsfragen sein als auch die größere Sensibilisierung in der Beratung“, erklärt Ludwig. Beim Blick auf die gerichtlichen Prozessquote zeige sich wiederum, dass Prozesse „größtenteils zu einem Vergleich führen“. Ansonsten gewinne in der Regel der Versicherer. Angaben zu der Größenordnung geführter Verfahren machte Morgen & Morgen nicht.

Positive Entwicklung: jüngere Versicherte

 

Als positiv beurteilt der Experte den deutlichen Trend hin zu jungen Versicherungsnehmern. „Es werden vermehrt Schüler und Schülerinnen, Azubis und Studentinnen und Studenten sowie die Altersgruppe unter 30 Jahren berechnet. Das ist ein erfreulicher Trend, denn die beste BU ist die, die man gestern abgeschlossen hat.“ Zudem ende die Laufzeit vieler Versicherungen nicht mehr mit dem 65. Lebensjahr, sondern werde immer häufiger länger angesetzt. Ludwigs Gesamtfazit: „Die Berufsunfähigkeitsversicherung wird auch weiterhin die Königin der Absicherung bleiben und ihre Zielgruppe weiterhin hauptsächlich die nicht körperlichen Berufe.“

M&M-Rating Berufsunfähigkeit

Das „M&M-Rating Berufsunfähigkeit“ bewertet Tarife und Tarifkombinationen mit einem Stern bis fünf Sternen. Das Rating besteht aus vier Teilratings mit unterschiedlicher Gewichtung: Bedingungen (40 Prozent), Kompetenz (30 Prozent), Beitragsstabilität (20 Prozent) und Antragsfragen (10 Prozent). Das Teilrating „Bedingungen“ bewertet die BU-Tarifvariante anhand von 29 Leistungsfragen. Das Teilrating „Kompetenz“ besteht aus fünf Komponenten und bewertet rund 50.000 Daten der Jahrgänge ab 2000. Mit dem Teilrating „Beitragsstabilität“ werden sechs Teilbereiche bewertet, die Aussagen über die künftige Beitragsstabilität der BU-Tarife zulassen. Hier wurden im Vergleich zum Vorjahr bei den Komponenten Bilanzen und Solvency II die Benchmarks an veränderte Marktniveaus der Kennzahlen angepasst. Das letzte Teilrating „Antragsfragen“ analysiert die Gesundheitsfragen und gefahrerhebenden Fragen der BU-Anträge.

Die Ratingdokumentation kann hier heruntergeladen werden.


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