17.10.2022 Sparten/Produkte

Bund der Versicherten schießt gegen Koppelprodukte

Die produktbezogene Kombination von Arbeitskraft- und Alterssicherung ist für Versicherungskunden laut einer aktuellen Studie des Bundes der Versicherten wirtschaftlich ungünstiger als gleichwertige, getrennte Produkte. Strukturvertriebe verfolgten mit dem Verkauf sogenannter Koppelprodukte nur Eigeninteressen.

Der Bund der Versicherten sieht in Vertriebsdruck und der Aussicht auf hohe Provisionen die Ursachen für eine aus seiner Sicht falsche Produktberatung. (Foto: @ Brian Jackson - stock.adobe.com)
Der Bund der Versicherten sieht in Vertriebsdruck und der Aussicht auf hohe Provisionen die Ursachen für eine aus seiner Sicht falsche Produktberatung.
(Foto: @ Brian Jackson - stock.adobe.com)

Es klingt bequem und sinnvoll: Mit einem einzigen Produkt die eigene Arbeitskraft abzusichern und fürs Alter vorzusorgen. Versicherer bieten deshalb Rentenversicherungen mit integriertem Berufsunfähigkeitsschutz an. „Viele junge Menschen schließen solche Produkte ab, auch weil Strukturvertriebe an Hochschulen kräftig dafür Werbung machen“, sagte Dr. Hartmut Walz, bekannter Autor und Professor für Betriebswirtschaftslehre in Ludwigshafen, bei einem Pressegespräch vergangene Woche.

Selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung schneidet klar besser ab

 

Grund des Gesprächs war die Vorstellung einer Studie im Auftrag des Bund der Versicherten (BdV). In dieser haben die Verbraucherschützer mithilfe von Walz am Beispiel zweier exemplarischer Musterkunden nachgerechnet, was vorteilhafter für Verbraucher ist: Basis- und Privatrenten als Fondspolicen mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) oder selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherungen (SBU) mit Fondssparplan. Beide sind angestellte Zahnärztinnen, 27 Jahre alt und wollen für 300 Euro Monatsbeitrag sowohl per ETF-Anlage fürs Alter vorsorgen (Anspardauer: 40 Jahre) als auch mindestens 3000 Euro monatliche BU-Rente absichern. Unter dem Strich der komplexen Berechnungen kommen die Studienautoren zu dem Ergebnis, dass unter einer angenommenen Wertentwicklung von sechs Prozent pro Jahr die Altersrente der separaten Anlage per ETF-Sparplan bei beiden Musterkunden jeweils um mindestens zehn Prozent höher liegt als die des Basisrenten-Koppelprodukts. Am schlechtesten schneidet jeweils das Privatrenten-Koppelprodukt ab – das sieht bei einer angenommenen Wertentwicklung von acht Prozent pro Jahr nicht anders aus. 

Koppelprodukte nicht nur in Sachen der Rendite nachteilig

 

„Die vermeintlichen Steuervorteile der Rentenversicherungsverträge können die erheblichen Kosten des Lebensversicherungsvertrags nicht ausgleichen“, sagt BdV-Chefökonom und Autor der Studie Constantin Papaspyratos. „Von den Koppelprodukten profitieren letztlich nur Anbieter und Großvertriebe.“ Die Gegenüberstellung zeige, dass die SBU mit Fondssparplan die vorteilhaftere Alternative ist. Denn die steuerliche Behandlung von Fondspolicen könne die renditemindernde Kostenbelastung des Lebensversicherungsvertrages auf die Fondsanlage nur teilweise kompensieren. Die Koppelprodukte seien zudem nicht nur hinsichtlich der Rendite nachteilig. So könne der Abschluss eines Koppelprodukts auch dazu führen, dass bei der Arbeitskraftsicherung nicht der für den persönlichen Einzelfall optimale BU-Vertrag gewählt und vermittelt wird. „Durch die Verknüpfung einer BU-Versicherung mit einer Basisrente können Anbieter und Vertriebe die sogenannte Kundenbindung erhöhen. In Wahrheit entpuppt sich dies jedoch als unflexible und unvorteilhafte Kundenfesselung zulasten der Versicherten“, sagt Walz, der auch Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des BdV ist.

Papaspyratos geht davon aus, dass sich bei einem „sauberen“ Beratungsprozess 90 Prozent der Kunden nicht für das Koppelprodukt, sondern für getrennte Lösungen von Altersvorsorge und Berufsunfähigkeit entscheiden würden. Dass die Verkaufsergebnisse indes anders seien, schreiben Papaspyratos und Walz dem Vertriebsdruck und hohen Provisionen zu. Versicherungsmakler dürften dem BdV mit seiner BUZ-Skepsis wohl vielfach zustimmen. In ihren Reihen genießt die BUZ einen wenig schmeichelhaften Ruf.

MLP zuvor mit anderen Ergebnissen

 

Walz ging sogar so weit zu behaupten, dass Untersuchungen, die zu anderen Ergebnissen kämen, von der Branche gekauft seien. Belegbar ist dies natürlich nicht. Konkret verwies Walz auf eine Studie der Gesellschaft für Finanz- und Aktuarwissenschaften aus dem Jahr 2020. Diese war im Auftrag des Finanzdienstleistungsunternehmens MLP erstellt worden, was in dieser Studie auch aufgeführt ist. Walz ist als Kritiker der Branche bekannt. Damals kommentierte Manfred Bauer, Produktvorstand bei MLP das Thema so: „Pauschale Ablehnungen gekoppelter Lösungen sind nicht haltbar – genau das zeigen die Berechnungen des Ifa-Instituts.“


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