01.09.2022 Sparten/Produkte

Finanzaufsicht: Lebensversicherer stabilisiert

Die Zinswende bringt für die Lebensversicherer Licht und Schatten. So könnte die hohe Inflationsrate den Unternehmen das Neugeschäft vermasseln, weil die Menschen weniger Geld für die Vorsorge zur Verfügung haben, warnt BaFin-Versicherungsaufseher Dr. Frank Grund.

Die rasant steigende Preise engen die Budgets der Bürger ein – für Altersvorsorge könnte da absehbar weniger übrig sein. (Foto: © Nattapol_Sritongcom - stock.adobe.com)
Die rasant steigende Preise engen die Budgets der Bürger ein – für Altersvorsorge könnte da absehbar weniger übrig sein.
(Foto: © Nattapol_Sritongcom - stock.adobe.com)

Auf den ersten Blick sind steigende Zinsen eine gute Nachricht für Lebensversicherer und Pensionskassen. In der Kapitalanlage bieten sich ihnen Chancen auf eine höhere Rendite. Außerdem können sie die Anforderungen an die Eigenmittelausstattung leichter erfüllen. „Doch auch im aktuellen Zinsumfeld gibt es erhebliche Herausforderungen für die Branche“, sagte Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) diese Woche beim „Handelsblatt-Strategiemeeting Lebensversicherung“.

Entspannung durch höhere Zinsen

Die Rahmenbedingungen in der Lebensversicherung haben sich in den vergangenen zwölf Monaten komplett geändert. Noch bei der Tagung im vergangenen Sommer klagte die Branche über die jahrelangen Niedrigzinsen. Diese machten es nahezu unmöglich, die zum Teil hohen Garantien, die die Versicherer ihren Kunden in der Vergangenheit zugesagt hatten, zu erwirtschaften. Mit den steigenden Zinsen hat sich die Lage grundsätzlich entspannt. Die BaFin hat laut Grund nur noch rund 30 statt 40 Pensionskassen unter intensivierter Aufsicht. Bei den Lebensversicherern sind es rund 15 statt 20 Unternehmen.


Stille Lasten als Problem

Das ist die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite könnten einzelne Versicherer in eine Liquiditätsklemme geraten. So könnten stille Lasten – die durch die steigenden Zinsen unter dem Strich die gesamte Branche ausweist – aufgelöst werden müssen, wenn der Versicherer die festverzinslichen Wertpapiere nicht bis zur Fälligkeit halten kann, so der Vorstandschef der Stuttgarter Lebensversicherung, Dr. Guido Bader bei der Veranstaltung. Er sprach von einem „kurz- und mittelfristig“ erhöhten HGB-Druck. Bader erwartet, dass Policen gegen Einmalbeitrag nun weiter an Attraktivität einbüßen.


Höhere Stornoquoten erwartet

Versicherungschefaufseher Grund warnte die Lebensversicherer überdies davor, das Thema Storno außer Acht zu lassen. „Denn durch die steigenden Zinsen werden alternative Anlageformen wieder attraktiver“, so Grund. „Kündigen viele Kundinnen und Kunden auf einmal, kann sich das kritisch auf die Liquidität der Unternehmen auswirken.“ Bislang gebe es hierfür aber noch keine Anzeichen. Trotzdem verlangt der Aufseher, dass sich die Unternehmen schon jetzt auf „vermehrte Storni, rückläufiges Neugeschäft, erhöhte Beitragsfreistellungen“ vorbereiten.


Kosten im Visier der Aufsicht

Auch die Inflation könnte zu einem aufsichtsrechtlichen Problem werden. So würde die Altersvorsorge bei weiterhin niedrigen Zinsen an Wert verlieren. Grund: „Ein Versicherungsprodukt muss aber seine gesamte Lebensdauer den Bedürfnissen des Zielmarktes entsprechen.“ Daher könnten nun „unangemessene“ Kosten für fondsgebundene Lebensversicherungen noch deutlicher in den Fokus der BaFin geraten. Der BaFin-Direktor zählt dazu hohe Vertriebsvergütungen, die zu Fehlanreizen bei der Beratung führen könnten. 


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