Lebensversicherung: BaFin erwartet höhere Zinsen
Zahlreiche Lebensversicherungskunden können nach Einschätzung der Finanzaufsicht BaFin auf höhere Zinsen für das Altersvorsorgeprodukt hoffen.
Gute Nachrichten für die Kunden von Lebensversicherungen: „Ich rechne schon damit, dass die Überschussbeteiligung in der Breite steigen wird, natürlich abhängig von der Situation am Kapitalmarkt insgesamt einschließlich der Aktien- und Immobilienmärkte”, sagte Frank Grund, Exekutivdirektor der Versicherungsaufsicht bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, der Nachrichtenagentur dpa. Einige Versicherer – etwa Bayerische Leben, Volkswohl Bund, R+V, Signal Iduna, aber auch Marktführer Allianz – haben die Überschussbeteiligung für 2023 bereits angehoben. Andere Unternehmen halten sie nach Jahren der Absenkung diesmal immerhin stabil.
Garantie als Risiko für Versicherer
Die Gesamtverzinsung von Renten- und Lebensversicherungen setzt sich aus drei Bausteinen zusammen: dem Garantiezins (Höchstrechnungszins), der jährlich gut geschriebenen Überschussbeteiligung sowie gegebenenfalls einem Schlussüberschuss. Die Überschussbeteiligung setzen Lebensversicherer nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu fest. Der Höchstrechnungszins bzw. Garantiezins liegt nach einer Entscheidung des Bundesfinanzministeriums seit Anfang 2022 für Neuverträge bei 0,25 Prozent. Altverträge werfen deutlich mehr ab. Deutschlands oberster Versicherungsaufseher Grund erwartet nicht, dass sich Lebensversicherer im großen Stil auf hohe Garantien einlassen. „Die Risiken hoher Garantien haben wir gesehen. Ich denke, das dürfte keiner mehr machen.” Die Unternehmen konnten Zinsversprechen aus Altverträgen von bis zu vier Prozent (wie bei Vertragsabschluss zwischen 1994 und 2000) während der Zinsflaute auf dem Kapitalmarkt kaum erwirtschaften. Die große Mehrheit bietet Neukunden seit einigen Jahren nur noch Produkte mit abgespeckter Garantie an. Eine Renaissance klassischer Lebensversicherungen mit 100-prozentiger Garantie hält Grund für unwahrscheinlich. „Der Markt hat mühevoll gelernt, wie teuer Garantien sind. Ich glaube nicht, dass einer den Weg freiwillig zurückgeht. Es gibt viele interessante Alternativen mit Chancen für den Kunden.”
Inflation könnte Neugeschäft bremsen
Ein Großteil des Geldes der Versicherer steckt in vergleichsweise niedrig verzinsten Staatsanleihen aus den vergangenen Jahren. Deren Wert sinkt, wenn – wie zuletzt – die Zinsen steigen. In der Bilanz entstehen dadurch stille Lasten. Sind Versicherer gezwungen, diese Papiere vor dem Ende der Laufzeit verkaufen, müssten sie den Wert entsprechend abschreiben. Das würde die Bilanz belasten. Hinzu kommt die Inflation, die nach Einschätzung von Grund Folgen für das laufende Geschäft haben könnte. „Die Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass das Neukundengeschäft nicht so läuft wie geplant.” Auch Kündigungen bestehender Verträge oder Beitragsfreistellungen durch die Kunden seien nicht auszuschließen, weil Verbraucher Geld für andere Dinge brauchten. „Die ganz große Kündigungswelle sehen wir bislang aber noch nicht. Gleichwohl sollten die Unternehmen für ein ausreichendes Liquiditätsmanagement sorgen.”
Lebensversicherer unter Beobachtung
Derzeit stehen Grund zufolge 15 der insgesamt etwa 80 Lebensversicherer unter intensivierter Aufsicht. „Ich gehe davon aus, dass die Zahl in absehbarer Zeit deutlich sinken wird”, sagte der Bafin-Exekutivdirektor. Derzeit müsse kein Lebensversicherer mehr die Übergangsmaßnahmen des europäischen Aufsichtsregelwerks Solvency II in Anspruch nehmen. Vielmehr erfüllten die Unternehmen schon jetzt die Vorgaben, die ab 2032 verpflichtend greifen. Schwieriger sei die Lage der Pensionskassen. „Bei gut 30 der mehr als 130 Kassen machen wir uns etwas intensivere Sorgen.” Nach Einschätzung des Versicherungsaufsehers könnten Pensionskassen eher mittelfristig von steigenden Zinsen profitieren, wenn frei werdende Mittel zu höheren Zinsen wieder angelegt werden.