Lebensversicherung: Zurich und Axa wollen sich von Altbeständen trennen
Hohe Zinsverpflichtungen belasten zunehmend deutsche Lebensversicherer. Die Branchengrößen Zurich und Axa verhandeln nun über den Verkauf von Altbeständen, um sich Luft für neue Altersvorsorgeprodukte zu verschaffen.
Eine Überraschung ist es nicht – schon im Dezember hatte Carsten Schildknecht, Chef beim Versicherer Zurich in Deutschland, für ein Teilportfolio an hochverzinsten Lebensversicherungspolicen eine externe Auslagerung in Aussicht gestellt. Nun ist die Nummer 5 im deutschen Lebensversicherungsmarkt offenbar einen Schritt weiter. Das „Handelsblatt“ berichtet, dass die Zurich und auch der Kölner Wettbewerber Axa erste Verhandlungsrunden mit möglichen Käufern von Altbeständen mit hohen Zinsverpflichtungen geschlossen haben. Die Abwicklungsgesellschaften Viridium und Athora sind in beiden Fällen in der zweiten Runde des Verkaufsprozesses. Resolution Life und FL (ehemals Frankfurter Leben) seien jeweils für eines der Portfolios weiter.
Versicherer räumen in ihrer Bilanz auf
Mit sogenannten Run-offs wollen sich die seit Jahren von niedrigen Kapitalmarktzinsen geplagten Lebensversicherer Zinsverpflichtungen entledigen, ihre Bilanzen entschlacken und die Komplexität ihrer Abläufe reduzieren. Außerdem würde der Verkauf von Teilen des Portfolios zusätzliche Spielräume für neue und zeitgemäße Altersvorsorgeprodukte schaffen. Die Zurich etwa hat sich strategisch auf Fondspolicen ausgerichtet. Run-off-Gesellschaften wiederum haben sich darauf spezialisiert, Bestände zu verwalten, bei denen das Neugeschäft eingestellt wurde und die nur noch abgewickelt werden.
Unterschiedliche IT verursacht hohe Kosten
Die Altbestände von Zurich und Axa gelten als sehr heterogen. Besonders kritisch sei die hohe Anzahl von Verträgen mit Garantieverzinsungen von 1,75 Prozent (bis 2015) und 2,25 Prozent (bis 2011), die noch Jahre die Ergebnisse der Unternehmen belasten dürften. Auch die Verwendung unterschiedlicher IT-Systeme – allein drei bei der Zurich – verursacht unnötige Kosten. Die Technologie könnte daher auch ein Knackpunkt für den Verkauf der Altbestände sein. Die Migrationskosten dürften nicht unerheblich ausfallen.
Letzter und größter Run-off vor drei Jahren
Den letzten großen Deal in Deutschland schloss vor drei Jahren die deutsche Tochter des italienischen Versicherers Generali mit Viridium. Das veräußerte Paket beinhaltete vier Millionen Policen. Seither ist am Markt Funkstille. Die Kölner Ratingagentur Assekurata zählt sieben Lebensversicherer, die bislang ihre Bestände mit einem angesparten Prämienvolumen von 3,8 Milliarden Euro an Abwickler verkauft haben. Nun könnten die Nummern acht und neun folgen. Um mit Lebens-Altbeständen Geld verdienen zu können, ist viel Expertise im Bereich der sehr speziellen Regulierungsanforderungen erforderlich. Deshalb favorisierten Marktbeobachter Viridium und Athora für die anstehenden Deals, so das „Handelsblatt“.
Deal im zweiten Halbjahr möglich
Zurich bietet offenbar bis zu 800.000 Policen mit einem Nominalvolumen von rund 20 Milliarden Euro an. Axa habe ein Portfolio mit einem Nominalvolumen von rund 15 Milliarden Euro im Angebot. Beide Versicherer könnten bei einem Verkauf mit einem Eigenkapitalwert von unter einer halben Milliarde Euro bewertet werden. Im nächsten Schritt geht es darum, einen Partner auszuwählen und anschließend den betreffenden Policenbestand in eine eigene Gesellschaft zu übertragen. Wenn sich die Vertragspartner zügig einigen und die Finanzaufsichtsbehörde BaFin, die eng in den Prozess eingebunden ist, mitspielt, könnte das Geschäft noch in diesem Jahr erfolgreich über die Bühne gehen.