10.01.2022 Sparten/Produkte

Nach BaFin-Ankündigung: Neue Runde im Provisions-Streit

Auch wenn es nicht um das Comeback des Provisionsdeckels geht, kocht das Thema Vertriebskosten in der Lebensversicherung nach der Ankündigung einer BaFin-Untersuchung wieder hoch. Verbraucherschützer hoffen, dass Fehlanreize bekämpft werden, ein Vermittlerverband sieht hingegen solchen Handlungsbedarf nicht.

Die Interessenvertreter vom Bund der Versicherten und vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute ziehen in der Regel nicht an einem Strang. (Foto: © BillionPhotos.com - stock.adobe.com)
Die Interessenvertreter vom Bund der Versicherten und vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute ziehen in der Regel nicht an einem Strang.
(Foto: © BillionPhotos.com - stock.adobe.com)

Die Ankündigung der Finanzaufsicht BaFin, die Vertriebskosten und Provisionen beim Versicherungsvertrieb noch einmal genau unter die Lupe zu nehmen, stößt auf ein geteiltes Echo. Der Bund der Versicherten (BdV) deutete die Ankündigung bereits als Vorgehen gegen überhöhte Provisionen und Vertriebskosten und erklärte die BaFin quasi zum Verbündeten. „Es ist längst an der Zeit, dass eine selbstbewusste Aufsichtsbehörde der Provisionsabzocke bei Versicherungen den Kampf ansagt“, sagt Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des 45.000 Mitglieder zählenden Vereins.

Fehlanreize sollen vermieden werden

 

Nach Einschätzung der Verbraucherschützer habe der oberste Versicherungsaufseher der BaFin, Frank Grund, bereits in der Vergangenheit Handlungsspielraum für die Aufsicht angedeutet, um bei unangemessen hohen Provisionen eingreifen zu können. Nun erklärte Grund, man wolle sich genau anschauen, ob „die Vorschriften zur Vermeidung von Fehlanreizen eingehalten werden“. Derartige Fehlanreize liegen nach Ansicht des BdV dann vor, wenn Versicherungsvermittler hauptsächlich mit dem Blick auf hohe Provisionen bestimmte Verträge verkaufen, auch wenn diese für die individuelle Situation des Kunden nicht bedarfsgerecht sind.

Verbraucherschützer erklären BaFin zum Verbündeten

 

Dsas die Verbraucherschützer Morgenluft wittern, ist nicht verwunderlich. Ihr Lieblingsthema Provisionsdeckel für kapitalbildende Verträge wie Riester- und Rürup-Renten wurde in den vergangenen Jahren nicht wie erhofft umgesetzt. Stattdessen gab es nur einen kleinen Deckel für Restschuldversicherungen. Auch die Ampel spart dieses Thema zum Unmut des BdV in ihrem Koalitionsvertrag aus. „Es ist schade, dass gerade Herr Scholz, dem das Thema als ehemaliger Finanzminister sehr bekannt ist, keinen politischen Handlungsbedarf zu sehen scheint“, beklagt Kleinlein. Daher scheint der BdV nun seine ganze Hoffnung auf die BaFin zu setzen, der es aus Sicht der Interessenvertreter bisher nicht an genügend rechtlichen Grundlagen, sondern eher an Mut gefehlt habe, um gegen überhöhte Provisionen vorzugehen. „Hoffentlich räumt der neue Finanzminister Lindner den Aufseherinnen und Aufsehern mehr Eigenverantwortung ein, wenn es darum geht, den Spielraum des Aufsichtsrechts voll auszuschöpfen“, so Kleinlein.

BVK sieht keinen Handlungsdruck

 

Ganz anders fällt erwartungsgemäß die Bewertung des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) aus. Dem Vermittlerverband liegen nach eigenen Angaben derzeit keine Anhaltspunkte für weit verbreitete Fehlanreize und gesetzeswidrige Interessenskonflikte beim Vertrieb von Lebensversicherungen vor. „Insofern sehen wir der laut Presseberichten anstehenden branchenweiten Prüfung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht relativ gelassen entgegen“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. Eine Spitze gegen den BdV kann sich der Verband nicht verkneifen. Heinz: „Künstlicher Handlungsdruck wird hier höchstens seitens der selbsternannten Verbraucherschützer aufgebaut.“ Dass auch die neue Ampel-Koalition das Thema Provisionsdeckel bisher nicht aufgegriffen hat, wertet er als Bestätigung der eigenen Position.

Der BVK verweist auf das Versicherungsaufsichtsgesetz, nach dem die Vergütung von Versicherungsunternehmen und deren Vertrieben ohnehin nicht mit ihrer Pflicht, im bestmöglichen Interesse des Kunden zu handeln, kollidieren darf. Nach eigener Aussage begrüßte der Verband seinerzeit das Gesetz, weil es Versicherungsunternehmen verpflichtet, ihre Vertriebsvergütungen so zu gestalten, dass keine Anreize geschaffen werden, nicht bedarfsgerechte Produkte Kunden zu empfehlen oder zu vermitteln.

Mehr qualitative statt quantitative Elemente gefordert

 

Allerdings empfiehlt der BVK, stärker qualitative Elemente bei der Vertriebsvergütung zu berücksichtigen, wie etwa Kundenzufriedenheit oder Weiterempfehlungsquote von Vermittlern. Auch sollten Zusatzvergütungen nicht allein an das Erreichen bestimmter quantitativer Ziele geknüpft werden. „Sollten bei Versicherern gesetzeswidrige Vertriebsgestaltungen festgestellt werden, müssten auch die Vermittler adäquate Kompensationen erhalten. In diesem Kontext problematisch sind auch die Usancen von Strukturvertrieben“, so BVK-Präsident Heinz.


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