Sozialpartner schnüren neues Betriebsrentenmodell
Die Chemie-Tarifparteien führen gemeinsam mit dem „ChemiePensionsfonds“ der R+V Versicherung das bundesweit erste auf einem Flächentarifvertrag basierende Sozialpartnermodell ein. Das Modell soll vorbehaltlich der BaFin-Genehmigung noch 2022 starten.
Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern hat in der deutschen Chemieindustrie Tradition, der Begriff Sozialpartnerschaft gilt geradezu als Markenzeichen der Branche: „Die chemische und pharmazeutische Industrie nimmt in der tarifpolitischen Landschaft der Bundesrepublik eine Sonderstellung ein. Die Kontakte und Verhandlungen der Tarifvertragsparteien sind von einer konstruktiven und pragmatischen Interessenvertretung geprägt, die der BAVC und die IGBCE mit dem Begriff ‚Sozialpartnerschaft’ selbstbewusst zum Ausdruck bringen", schreiben die Verbände BAVC (Bundesarbeitgeberverband Chemie) und IGBCE (Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie).
Erneute Vorreiterrolle
Kein Wunder, dass man auch beim Thema betriebliche Altersvorsorge (bAV) gemeinsame Sache macht: Die Branchenlösung „ChemiePensionsfonds“ feiert dieser Tage das 20-Jahr-Jubiläum – und schlägt nun ein neues Kapitel auf: Die Chemie-Tarifparteien führen gemeinsam mit der R+V Versicherung das bundesweit erste auf einem Flächentarifvertrag basierende Sozialpartnermodell ein. Möglich gemacht hat diesen bAV-Meilenstein eine Tarifvereinbarung zwischen IGBCE und BAVC. Das Modell soll noch 2022 starten, steht allerdings noch unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde BaFin.
Ohne Garantien, mit Renditechancen
Das Sozialpartnermodell ist eine Betriebsrente auf Basis einer reinen Beitragszusage und bietet durch den Verzicht auf Garantien höhere Renditechancen. Nutznießer sind zunächst neue Tarifbeschäftigte in den Betrieben der chemischen Industrie, die für ihre Altersvorsorge auf den „ChemiePensionsfonds“ setzen. Für die bisherigen Kunden ändert sich nichts an ihren bestehenden Verträgen und Versorgungen. Die gesetzliche Grundlage für das Sozialpartnermodell hatte die damalige Bundesregierung bereits im Jahr 2017 geschaffen.
„Wir in der Chemie sind die Ersten, die das dringend benötigte Sozialpartnermodell für eine ganze Branche zum Fliegen bringen werden. Das könnte die Basis sein für eine attraktivere, vielleicht auch für mehr betriebliche Altersvorsorge in Deutschland“, sagt BAVC-Hauptgeschäftsführer Klaus-Peter Stiller. Auch der Vize-Vorsitzende der IGBCE, Ralf Sikorski, lobt das aus seiner Sicht innovative Modell: „Zum 20-jährigen Bestehen des ‚ChemiePensionsfonds’, dem Herzstück der Altersvorsorge in der chemischen Industrie, blicken wir optimistisch nach vorne: Wir sind überzeugt davon, dass das Sozialpartnermodell die betriebliche Altersvorsorge durch höhere Renditechancen und einen neuen Sicherungsbeitrag attraktiver und zukunftsfest macht und ihr viel Aufwind verschaffen kann.“
Breite Streuung, robustes Portfolio
Bei der ersten Umsetzung ihres Branchen-Sozialpartnermodells greifen die Chemie-Tarifpartner auf die langjährige Erfahrung der R+V als institutioneller Kapitalanleger zurück. Das Geld für die spätere Betriebsrente der Arbeitnehmer wird laut des Versicherers in ein ausgewogenes Anlagekonzept investiert. Eine breite Streuung über mehrere Anlageklassen inklusive einer dynamischen Aktienquotensteuerung sorge für ein robustes Portfolio. Dieses liefere stabile Erträge unabhängig vom Zinsumfeld, reduziere Wertschwankungen und bette sich so ideal in das Gesamtkonzept des Sozialpartnermodells ein. „Es ist eine wegweisende Entscheidung der Chemie-Sozialpartner, in der betrieblichen Altersversorgung künftig auf das Branchen-Sozialpartnermodell zu setzen. Wir sind stolz darauf, dass die Sozialpartner der Chemie auf die R+V setzen“, sagt Claudia Andersch, Vorstandsvorsitzende der R+V Lebensversicherung AG.
„ChemiePensionsfonds“
Der „ChemiePensionsfonds“ ist mit mehr als 120.000 Versicherten einer der großen Pensionsfonds in Deutschland – mit einem Vermögen von aktuell rund 1,1 Milliarden Euro und jährlichen Beitragseinnahmen von ca. 90 Millionen Euro. Als bundesweit erster branchenweiter Pensionsfonds hatte er im April 2002 seine Zulassung erhalten. der Fonds entstand auf Initiative von IGBCE und BAVC und befindet sich seit Ende 2007 unter dem Dach der R+V – heute als Bestandteil des 2008 gegründeten „ChemieVersorgungswerks“, hinter dem die Chemie Pensionsfonds AG steckt.