Tarif-Flut in der Grundfähigkeitsversicherung
Die Rating-Experten von Morgen & Morgen stellen eine explosionsartige Vermehrung von Tarifen in der Grundfähigkeitsversicherung fest. Dabei seien sie als Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung nur bedingt geeignet. Zudem drohen im harten Wettbewerb höhere Preise.
Ginge es nach den Versicherern, wäre die Grundfähigkeitsversicherung vermutlich der Renner im Vertrieb. In den vergangenen Jahren haben sie nichts unversucht gelassen, das Produkt als Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) zu etablieren – weil vielen Kunden der BU-Schutz zu teuer ist. Diesen Eindruck bestätigt nun auch das Analysehaus Morgen & Morgen in seinem aktuellem „Marktblick“. Darin heißt es: „Der Markt der Grundfähigkeitsversicherung als Einkommenssicherung scheint zu explodieren. Aktuell sprießen die Tarife wie Pilze aus dem Boden.“ Waren es 2020 noch 53 Tarife und Tarifkombinationen, sind es heute bereits 78. Gegensätzlich verlaufe die Entwicklung in der Erwerbsunfähigkeitsversicherung (EU), die als womöglich bessere Alternative zur BU Thema im letzten „Marktblick“ war.
Deutlich günstigerer Beitrag
Das liegt aber nicht allein am Preis, denn hier könne die Grundfähigkeitsversicherung durchaus punkten. Morgen & Morgen liefert ein Beispiel: Eine Dachdeckerin zahle 135,85 Euro monatlich für den günstigsten BU-Tarif. Bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung seien es im günstigsten Tarif 51,58 Euro, bei der Grundfähigkeitsversicherung lediglich 43,86 Euro. Allerdings spielen nach Ansicht der Experten gerade bei mit körperlichen Tätigkeiten verbundenen Berufen auch die Art der Absicherung sowie die Tarifbedingungen eine entscheidende Rolle.
Verknüpfung zur Einkommenssicherung fehlt
Die Grundfähigkeitsversicherung bezieht sich immer auf Fähigkeiten, ohne dabei eine abstrakte Verknüpfung zur Einkommenssicherung herzustellen. Diese Verknüpfung stellen nur die BU und die EU her und leisten damit ereignisunabhängig, sobald die Erwerbstätigkeit eingeschränkt oder nicht mehr möglich ist. Anders die Grundfähigkeitspolicen: „Der Verlust der konkreten Fähigkeit als Auslöser spitzt den Moment der Leistung stärker zu, als es bei der BU oder der EU der Fall ist. Bei der Grundfähigkeitsversicherung liegt damit die Kunst in der individuellen Betrachtung der Fähigkeiten. Das heißt, was muss der Versicherungsnehmer können, um seinen Beruf auszuüben und wie muss es im Bedingungswerk des Tarifs exakt verankert sein“, sagt Andreas Ludwig, Bereichsleiter Rating & Analyse bei Morgen & Morgen GmbH.
Die Grundfähigkeitsversicherung sei damit in der Vermittlung ein sehr komplexes Thema. Für Versicherungsnehmer, die sich dafür entscheiden möchten, stelle sich neben der ganz individuellen Thematik unweigerlich die Frage, welche Tarife grundsätzlich die besseren Leistungen beziehungsweise die kundenfreundlichsten Versicherungsbedingungen enthalten. Manche Versicherer bieten auch verschiedene Tarife mit unterschiedlichen Versicherungsbedingungen an.
Deutlicher Zuwachs von hoch bewerteten Tarifen
An dieser Stelle setzt das „M&M Rating Grundfähigkeit“ an und zeigt die Unterschiede im Überblick. Im Vergleich zum Startjahr des Ratings 2020 stieg die Tarifanzahl um 47 Prozent. Das Bedingungsniveau war bereits zu Beginn mit 76 Prozent der Tarife im Vier- und Fünf-Sternesegment sehr hoch. Nun sind es sogar 86 Prozent der Tarife mit Höchstbewertungen von vier und fünf Sternen. Fazit der Fachleute: „Der Markt bietet aktuell eine Menge hochwertige Lösungen. Es kommt bei der Grundfähigkeit somit vor allem auf das exakte Matching der individuellen Fähigkeiten – als Voraussetzung der Erwerbstätigkeit – und dem konkreten Tarifversprechen an.“
Bedingungswettbewerb kann zum Preistreiber werden
Morgen & Morgen erwartet eine weiter steigende Zahl von Tarifen. Die Entwicklung am Markt zeige dabei einen immer modulareren Aufbau, d.h. die Tarife lassen sich aus einem Baukasten individuell zusammenstellen. „Der Wettbewerb findet aktuell vor allem in der zunehmenden Ausdifferenzierung der Leistungsauslöser statt, der langfristig zu einem höheren Preisniveau in der Grundfähigkeit führen kann und damit den Fokus, eine finanzierbare alternative Arbeitskraftabsicherung zu sein, verschiebt“, erläutert Ludwig. „Das ist auch einer der Gründe, warum wir unser Rating aktuell nicht verschärfen und uns auf 15 relevante Grundfähigkeiten in der Bewertung konzentrieren. Ansonsten würden wir einen Bedingungswettbewerb ähnlich wie in der BU anstoßen, der am Ende auch den Preis in die Höhe treibt.“ Dieser Verantwortung sei man sich bewusst.
M&M Rating Grundfähigkeit
Seit 2020 analysiert Morgen & Morgen die Bedingungen der Tarife im Rahmen des „M&M Ratings Grundfähigkeit“ und stellt dabei eine immer größer werdende Anzahl an Leistungsauslösern fest. Die Grundfähigkeitsversicherung soll eine bezahlbare Alternative der Einkommensabsicherung sein. Einer flächendeckenden Absicherung würde es entgegenwirken, wenn das Versicherungsprodukt durch weitere Zusatzoptionen und Erweiterungen nicht mehr für die primäre Zielgruppe der körperlich Tätigen finanzierbar ist. Aus dieser Motivation heraus bewertet das Analysehaus 15 Grundfähigkeiten als ratingrelevante Leistungsauslöser. Andere Leistungsauslöser werden analysiert, aber nicht als ratingrelevant gewertet.
Im Fokus des Ratings steht die Qualität und somit die Definition der einzelnen Auslöser bei Beeinträchtigung der Grundfähigkeit. Morgen & Morgen hat damit einen Standard für die einzelnen Grundfähigkeiten entwickelt. Insgesamt besteht die Bedingungsanalyse aus 69 Fragen. Davon sind 36 Fragen für das Rating relevant, die übrigen werden nachrichtlich ausgewiesen. Die ratingrelevanten Fragen beurteilen Sachverhalte und Produkteigenschaften, die als wesentlich für die Bedingungsqualität eines Produkts anzusehen sind. Die Kundenfreundlichkeit steht hier klar im Fokus, ebenso die Eindeutigkeit der Aussagen im Bedingungswerk.