17.03.2022 Sparten/Produkte

Transparenz bei Lebensversicherern bleibt sehr unterschiedlich

Das Informationsangebot und damit die Transparenz deutscher Lebensversicherer in den jährlichen Standmitteilungen an ihre Bestandskunden bleibt im Vergleich sehr unterschiedlich. Das geht aus einer Untersuchung von Policen Direkt hervor.

Reicht die private Lebensversicherung, um später die Rentenlücke zu schließen? Kunden haben Anspruch darauf, regelmäßig über den Stand ihres Vertrags informiert zu werden. (Foto: © DOC RABE Media - stock.adobe.com)
Reicht die private Lebensversicherung, um später die Rentenlücke zu schließen? Kunden haben Anspruch darauf, regelmäßig über den Stand ihres Vertrags informiert zu werden.
(Foto: © DOC RABE Media - stock.adobe.com)

Die jährlichen Standmitteilungen der deutschen Lebensversicherer sind besser geworden, genügen aber in Sachen Verständlichkeit häufig noch immer nicht den Kundenerwartungen. Das geht aus der vierten Auflage einer Transparenzstudie von Policen Direkt hervor, nach eigener Aussage Marktführer im Zweitmarkt für Lebensversicherungen.

Nachhaltigkeit wird in überarbeiteten Mitteilungen mehr berücksichtigt

 

Für Lebensversicherer gelten während der Laufzeit der Verträge gesetzlich vorgeschriebene Informationspflichten, die sie jährlich schriftlich an ihre Bestandskunden übermitteln. Laut Policen Direkt haben im Jahr 2021 weitere Gesellschaften ihre Standmitteilung vollkommen überarbeitet, um ihren Kunden mehr und verständlichere Informationen über ihre Verträge zu liefern. Mittlerweile setzen über 95 Prozent der deutschen Versicherungsgesellschaften mit ihren Standmitteilungen die gesetzlichen Vorgaben von 2018 nach § 155 Versicherungsvertragsgesetz um und liefern die vorgeschriebenen Informationen. Dazu zählen: Todesfall-Leistung, garantierte Ablaufleistung, garantierte Ablaufleistung bei Beitragsfreistellung und aktueller Auszahlungsbetrag des Vertrages. Für Neuabschlüsse sind zudem die eingezahlten Beiträge aufzuschlüsseln.

Obwohl das Thema COVID-19 im Jahr 2021 eine wichtige Rolle spielte, war die Pandemie kein größeres Thema in den Standmitteilungen, so Policen Direkt. Dagegen informieren immer mehr Gesellschaften über ihre Aktivitäten zur Nachhaltigkeit. Bei 14 Lebensversicherern können nun die Kunden in der Standmitteilung etwas über den Umfang der Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage lernen, zuvor waren es nur zehn.

Nur Höhe der Überschüsse reicht nicht aus

 

Die Studie zeigt jedoch auch die Defizite. Gerade bei der Höhe der Bewertungsreserven, den Überschüssen von im Vertrag enthaltenen Zusatzversicherungen oder bei Rentenpolicen mit Anwartschaften liegt die Darstellung weiter im Ermessen des Versicherers und ist oft weder ausreichend vollständig transparent noch verständlich genug erklärt. Dabei haben diese Komponenten einen großen Einfluss auf den Auszahlungswert „Es reicht bei den Rückkaufswerten nicht aus, nur die Höhe der Überschüsse zu nennen. Um die Vertragsentwicklung nachvollziehen zu können, werden oft noch weitere Angaben benötigt“, sagt Henning Kühl, Leitender Aktuar der Policen Direkt Versicherungsvermittlung GmbH.

Mindestanforderungen bei fast allen erfüllt

 

70 von 74 (2020: 66 von 74) untersuchte Unternehmen erfüllen die seit 2018 geltenden gesetzlichen Mindestanforderungen für alle untersuchten Verträge vollständig. 56 (39) erfüllen dazu sämtliche BaFin-Anforderungen zu den Bewertungsreserven. 20 (17) Lebensversicherer teilen ihren Kunden diese gesetzlichen Pflichtangaben und sämtliche weitere für die Transparenz notwendigen Angaben mit.

Von den 74 untersuchten Versicherern erreichen in der aktuellen Studie 43 Versicherer (2020: 36) die durchschnittliche Punktzahl von 87. Sie wird für den Fall vergeben, dass in der Standmitteilung alle gesetzlichen und notwendigen Informationen enthalten sind. Viele Gesellschaften erreichten eine Punktzahl von 87 allein durch die Pflichtangaben. Es gab aber auch Unternehmen, die diese Punktzahl erreichten, indem sie zusätzliche Angaben zu Themen wie Vertragskosten, Abrufbedingungen oder Informationen zu den Zusatzversicherungen in ihren Standmitteilungen auflisteten. In dem Zusammenhang weist Kühl darauf hin: „Die Werte sollten verständlich und vollständig, am besten jeweils tabellarisch, dargestellt werden. Je mehr Informationen ein Dokument enthält, desto schwieriger ist es oft, diese zu verstehen. Jeder Kunde sollte nicht nur direkt erkennen können, wie hoch der erreichte Überschuss seines Vertrages aktuell ist, sondern auch wie hoch der erreichte Überschuss zum Ablauftermin ist, unabhängig von einer zukünftigen Beitragszahlung.“         

Zusatzinfos trennen bei Transparenz Spreu vom Weizen

 

Trotz aller Bemühungen sind die Unterschiede in Sachen Transparenz weiterhin enorm, wie die Analyse auch zeigt. So gibt es eine ganze Reihe von Gesellschaften, die den Kunden deutlich mehr Angaben zu ihrer Lebensversicherung machen als eigentlich vorgeschrieben. Besondere Spitzenreiter, die nicht nur die Höchstpunktzahl bei den Mindestanforderungen von Policen Direkt erfüllen, sind die Concordia Oeco Lebensversicherung mit 120 Punkten, Öffentliche Lebensversicherung Sachsen-Anhalt und Provinzial Lebensversicherung Hannover mit jeweils 107 Punkten sowie Alte Leipziger Lebensversicherung und die HUK-Coburg-Lebensversicherung, die beide 103 Punkte erzielen. Tadellos bei den Mindestanforderungen und einem Gesamtwert von 98 Punkten sind zudem die Neue Leben Lebensversicherung und die Universa Lebensversicherung. Nachholbedarf hat dagegen zum Beispiel Marktführer Allianz mit insgesamt nur 82 Punkten.

Methodik der Studie

Mit der vierten Auflage der Transparenzstudie nimmt die Policen Direkt Versicherungsvermittlung GmbH wie in den Vorjahren in den Blick, ob alle Lebensversicherer die gesetzlichen Pflichten erfüllen. Untersucht wurde über die Pflichtangaben des § 155 VVG hinaus, ob Lebensversicherer Ihren Kunden weitere durch die BaFin vorgeschriebene Informationen zu den Bewertungsreserven mitteilen. Somit gehen weitere Grundvoraussetzungen, die es den Kunden ermöglichen, die Entwicklung ihres Vertrags zu verstehen, in die Bewertung ein.

Die Studie untersucht klassische kapitalbildende Lebensversicherungen und ist deshalb primär eine Transparenzuntersuchung für Bestandskunden. Sie wird laufend aktualisiert. Da nicht alle Gesellschaften Ratings veröffentlichen, greift das Unternehmen auf frei zugängliche Quellen zurück und veröffentlicht seine Analysen zu den Standmitteilungen, zur laufenden Verzinsung, zur Mindestzuführungsverordnung und zu den Solvenzquoten. 


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