07.03.2022 Branche

BaFin sieht 2022 sechs Hauptrisiken für die deutsche Finanzbranche

Die Aufsichtsbehörde ersetzt ihre Aufsichtsschwerpunkte durch einen neuen Risikobericht. An den Themen ändert das indes wenig. Dennoch wollen die Aufseher an allen Fronten stärker kontrollieren und bei Bedarf durchgreifen.

Auf die rund 2700 Bediensteten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (hier der Sitz in Bonn) kommt in diesem Jahr viel Arbeit zu. (Foto: BaFin)
Auf die rund 2700 Bediensteten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (hier der Sitz in Bonn) kommt in diesem Jahr viel Arbeit zu.
(Foto: BaFin)

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat für das Jahr 2022 sechs Hauptrisiken für die deutsche Finanzbranche benannt, mit denen sie sich prioritär befassen will. Das geht aus den vergangene Woche veröffentlichten „Risiken im Fokus der BaFin“ hervor. Diese ersetzen die früheren „Aufsichtsschwerpunkte“ der Behörde.

In diesem nun jährlich erscheinenden Bericht erläutert die BaFin wie sie die aktuelle Risikolage einschätzt, und was sie unternimmt, um die Risiken an den Finanzmärkten bestmöglich einzudämmen. Damit will die BaFin nach eigener Aussage zugleich Fortschritte bei der Erreichung ihrer Mittelfristziele machen, die sie sich für die Jahre 2022 bis 2025 gesetzt hat. Einen wichtigen Platz in dieser Zielsetzung nehme der angemessene Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken und den Risiken der Digitalisierung der Finanzbranche ein. 

BaFin benennt sechs Haupt-Risikotreiber und weitere Gefahren

 

Das deutsche Finanzsystem hat sich laut BaFin-Bericht auch in der Pandemie als stabil und widerstandsfähig erwiesen. Gleichzeitig aber es zeichneten sich immer wieder Risiken ab, die seine Funktionsfähigkeit, Stabilität und Integrität und die kollektiven Interessen der Verbraucher negativ beeinflussen oder gar gefährden können. Neben der angespannten geopolitischen Lage sieht die BaFin folgende Risikotreiber für den deutschen Finanzmarkt:

  • Risiken aus dem Niedrigzinsumfeld
  • Risiken aus Korrekturen an den Immobilienmärkten
  • Risiken aus signifikanten Korrekturen an den internationalen Finanzmärkten
  • Risiken aus dem Ausfall von Unternehmenskrediten
  • Cyberrisiken
  • Risiken aus unzureichender Geldwäscheprävention

Darüber hinaus bestünden zahlreiche weitere Risiken, mit denen sich die BaFin nach eigener Aussage ebenfalls befasst. Zum Beispiel das Risiko, dass in Bilanzen von Unternehmen, die unter Bilanzkontrolle stehen, Fehlbewertungen oder fehlerhafte Darstellungen zu einer Täuschung der Anleger führen könnten. Oder die vielfältigen Risiken für Verbraucher, etwa aus Kryptowerten und Anlageempfehlungen in sozialen Medien.

„Die Risikolandschaft ist heterogen und ändert sich ständig“, sagt BaFin-Präsident Mark Branson. Es könnten jederzeit neue Risikotreiber oder Auslöser für Marktverwerfungen entstehen, wie die Corona-Pandemie und die aktuelle geopolitische Lage zeigten. Aufgabe der BaFin sei es, Risiken fortlaufend zu identifizieren und ihre Auswirkungen für den deutschen Finanzmarkt zu bewerten und dafür zu sorgen, dass sie – soweit wie möglich – eingedämmt würden. Dabei gelte der Grundsatz: Je größer das Risiko, desto mehr Zeit und Ressourcen verwendet die BaFin, um gegenzusteuern.

Lebensversicherer und Pensionskassen bleiben im Fokus

 

Insgesamt 20 Maßnahmen benennt der 17-seitige Bericht, mit denen die Finanzkontrolleure der Risiken Herr werden wollen. So soll beispielsweise die bereits intensivierte Aufsicht über die vom Niedrigzinsumfeld besonders betroffenen Lebensversicherer und Pensionskassen fortgesetzt werden. Mehreren von ihnen war in der Vergangenheit bereits das Neugeschäft untersagt worden. In ihrem Risikobericht spricht die BaFin auch erneut die Vergütungsfrage an. Der Plan: Über ein Rundschreiben sollen Aufsichtsstandards für eine angemessene Vertriebsvergütung bei Lebensversicherungsunternehmen etabliert werden. Zudem sollen anhand von Szenarioanalysen bei Versicherern geprüft werden, welche Auswirkungen Downgrades von Anleihen auf ihre Risikotragfähigkeit haben. In Sachen Kreditausfall will die BaFin in Werthaltigkeitsprüfungen analysieren, wie sich die Pandemie auf das Kreditrisiko von Banken und Sparkassen auswirkt.

Verstärkte Prüfungen, aber wenig konkrete Maßnahmen

 

Viele Aktivitäten zielen darauf ab, bestehende Prüfmechanismen häufiger und verschärfter anzuwenden. Etwaiger Handlungsbedarf oder weitere Maßnahmen seien abhängig von den Ergebnissen, schreiben die Finanzaufseher an mehreren Stellen in ihrem Bericht. So will die BaFin beispielsweise zur Bekämpfung von Cyberrisiken verstärkt dezidierte IT-Prüfungen bei Instituten und Unternehmen vornehmen. Auch bei der laufenden operativen Aufsicht will man Aspekte der IT-Sicherheit und die Einhaltung aufsichtlicher IT-Anforderungen verstärkt überprüfen. Dabei dürfte aber fraglich sein, ob eine Umsetzung der Ankündigungen ohne eine Aufstockung von Ressourcen gelingen kann. Konkreter in ihren Absichten wird die Aufsichtsbehörde nur beim Thema Geldwäscheprävention. Dort will sie eine zweite Abteilung einrichten und das Personal verstärken, um die Aufsicht zu intensivieren


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