12.03.2021 Branche

Garantiezusagen in der betrieblichen Altersvorsorge auf dem Prüfstand

Rente vom Chef – das Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung mahnt eine Reform der Beitragszusage mit Mindestleistung an. Im andauernden Niedrigzinsumfeld ist eine 100-Prozent-Grantie künftig nicht mehr möglich.

Die Versicherer müssen einen Großteil der Kundengelder sicher anlegen, um volle Beitragsgarantien zu erwirtschaften. Angesichts der seit Jahren andauernden Niedrigzisphase am Kapitalmarkt ist das kaum noch möglich. (Foto: © MQ-Illustrations - stock.adobe.com)
Die Versicherer müssen einen Großteil der Kundengelder sicher anlegen, um volle Beitragsgarantien zu erwirtschaften. Angesichts der seit Jahren andauernden Niedrigzisphase am Kapitalmarkt ist das kaum noch möglich.
(Foto: © MQ-Illustrations - stock.adobe.com)

Soviel ist klar: Die gesetzliche Rente allein reicht kaum, um den Ruhestand ohne finanzielle Abstriche genießen zu können. Ein probates Mittel, die Rentenlücke zu schließen, ist die betriebliche Altersversorgung (bAV). Seit 2002 hat jeder Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf die sogenannte Entgeltumwandlung, indem er Teile seines Gehalts in Beiträge zu einer bAV umwandelt. Dabei profitierten Versicherte von Steuervorteilen und geringeren Sozialabgaben. Arbeitgeber können sich an der Finanzierung der bAV beteiligen. Sie entscheiden aber in jedem Fall über den sogenannten Durchführungsweg. Nun warnt das Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e.V. (IVS) davor, dass eine Reihe von Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds Leistungszusagen künftig nicht mehr einhalten können. Die in der bAV verbreitete „Beitragszusage mit Mindestleistung“ (BZML) droht nach einer Analyse des IVS das Aus.

Keine Beitragsgarantie für Verträge ab 2022

 

Maßgeblich verantwortlich für die Entwicklung sind die seit Jahren niedrigen Kapitalmarktzinsen, die eine rentierliche Anlage in Anleihen mit hoher Bonität nahezu ausschließt. Das hat für Versicherungen hinsichtlich der Deckungsrückstellung spürbare Folgen. „Ab einem Rechnungszins von 0,5 Prozent oder weniger ist die bislang verpflichtende 100-prozentige Beitragsgarantie faktisch nicht mehr darstellbar“, sagt Dr. Friedemann Lucius. Der IVS-Vorstandsvorsitzende appelliert an die politischen Entscheidungsträger, mit der bereits öffentlich diskutierten Überarbeitung der Riester-Rente auch die BZML aus ihrem Korsett zu befreien. „Ansonsten werden spätestens ab 2022 zahlreiche Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds gezwungen, die BZML für neue Verträge zu schließen.“ Schließlich habe die BaFin bereits Ende 2020 angekündigt, neue Tarife regulierter Pensionskassen mit Rechnungszinsen oberhalb von 0,25 Prozent nicht mehr unbefristet zu genehmigen.

Nur mit renditestarken Anlagen bleibt die bAV attraktiv

 

Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) und ihr Zweigverein IVS setzen sich mit Nachdruck dafür ein, sich von der vollen Beitragsgarantie zu verabschieden und wie in der Riester-Rente auch in der BZML ein neues Niveau für die Mindestleistung deutlich unterhalb des bisherigen Beitragserhalts zu definieren. Nur dann könnten nennenswerte Teile des bAV-Beitrags in renditestärkere Anlagen wie Aktien, Immobilien oder Infrastrukturprojekte investiert werden. „Der partielle Verzicht auf teure Garantien ist angesichts der aktuellen Null- und Negativzinsen die einzige Chance auf einen Werterhalt und einen realen Zugewinn“, resümiert Dr. Lucius.


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