28.01.2022 Branche

GDV-Bilanz für 2021: Riester überrascht im Neugeschäft

Pandemie und Flutkatastrophe haben Spuren im Geschäftsergebnis der deutschen Versicherer hinterlassen. Erstmals seit 2013 schrieben Schaden- und Unfall­versicherer wieder rote Zahlen, so der GDV auf seiner Jahresmedienkonferenz. Überraschend positiv hingegen lief das Riester-Neugeschäft.

GDV-Präsident Wolfgang Weiler bei der Vorstellung der GDV-Bilanz des Jahres 2021 mit Moderatorin Kirstin Zeidler. (Foto: GDV)
GDV-Präsident Wolfgang Weiler bei der Vorstellung der GDV-Bilanz des Jahres 2021 mit Moderatorin Kirstin Zeidler.
(Foto: GDV)

Die Versicherungswirtschaft verbuchte 2021 über alle Sparten hinweg ein Beitragsplus von 1,1 Prozent (Vorjahr: 1,6 Prozent) auf 223,4 Milliarden Euro. Dieses Ergebnis präsentierte der Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Wolfgang Weiler, auf der Jahresmedienkonferenz des Verbands in Berlin. „Unter den erschwerten Bedingungen der Corona-Pandemie ist das solide. Wir können mit dem Beitragswachstum zufrieden sein, auch wenn wir uns zu Jahresbeginn etwas mehr erhofft hatten“, sagte Weiler.

Dramatischer Anstieg von Schäden durch Naturgefahren

 

In der Schaden- und Unfallversicherung wurde das Ergebnis vom Juli-Hochwasser geprägt: Es war mit versicherten Schäden von über acht Milliarden Euro die teuerste Katastrophe dieser Art in Deutschland überhaupt und machte 2021 zu einem Jahr mit der laut GDV nie dagewesenen Schadenbelastung von 12,5 Milliarden Euro allein aus Naturgefahren (Vorjahr: 2,0 Milliarden Euro). Das führte zu einem signifikanten Anstieg des gesamten Schadenaufwands um 20 Prozent auf 62,3 Milliarden Euro. Die Beitragseinnahmen der Sparte nahmen nur leicht um 2,2 Prozent auf 76,6 Milliarden Euro zu, sodass die Schaden-Kosten-Quote – das Verhältnis von Kosten und ausgezahlten Leistungen zu den Beitragseinnahmen – auf 102 Prozent (Vorjahr: 90,7 Prozent) kletterte. „Angesichts der Rekordschäden ist das immer noch ein vorzeigbares Ergebnis“, so Weiler.

Leichter Rückgang in der Lebensversicherung

 

Die Lebensversicherung hat sich nach Verbandsangaben im zweiten Corona-Jahr stabil entwickelt. Die Beitragseinnahmen der Lebensversicherer, Pensionskassen und Pensionsfonds beliefen sich 2021 auf rund 102 Milliarden Euro (minus 1,4 Prozent). Zurückzuführen ist der Rückgang vor allem aufs Einmalbeitragsgeschäft (minus 4,7 Prozent auf 36,5 Milliarden Euro), das 2020 ein Rekordniveau erreicht hatte. Die laufenden Beitragseinnahmen legten hingegen leicht auf 65,3 Milliarden Euro zu.

Comeback der Riester-Rente?

 

Positiv entwickelte sich 2021 das Riester-Neugeschäft mit einem deutlichen Plus von zwölf Prozent auf 310.500 neue Verträge. Der Bestand blieb weitgehend stabil bei rund 10,4 Millionen Verträgen. Weiler sagte dazu: „Viele Kunden haben sich angesichts der laufenden politischen Debatte um Reformen der privaten Altersvorsorge noch einen Vertrag gesichert. Die Bundesregierung sollte die Voraussetzung dafür schaffen, dass es auch künftig noch eine geförderte private Altersvorsorge gibt.“ Bei den Basisrenten stieg die Zahl neu vermittelter Policen sogar um fast 40 Prozent auf knapp 119.000 Verträge. Der Gesamtbestand erhöhte sich dadurch um vier Prozent auf 2,5 Millionen.

Kaum waren die Zahlen veröffentlicht, jubilierte bereits der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) über ein „Comeback der Riester-Rente“ aufgrund der höchsten Anzahl an Neuabschlüssen seit 2016. „Diese sehr erfreuliche Entwicklung ist ein deutliches Signal der Verbraucher an die Politik, dass die geförderte private Altersvorsorge weiterhin gewünscht wird“, so BVK-Präsident Michael H. Heinz. Die Vermittler hätten dazu beigetragen, dass sich die Verbraucher weder von der politische Debatte noch von Verbraucherschützern und deren Forderungen nach einer Abschaffung der Riester-Rente verunsichern ließen.

Deutlicher Vertragszuwachs in der PKV

 

Die Beitragseinnahmen der privaten Krankenversicherungsunternehmen erhöhten sich 2021 um fünf Prozent auf 45,0 Milliarden Euro. Mit 40,5 Milliarden entfällt davon der Großteil auf die Krankenversicherung, das ist ein Plus von 4,7 Prozent. In der Pflegeversicherung lagen die Einnahmen bei 4,5 Milliarden Euro, ein Anstieg von 7,3 Prozent.

Die ausgezahlten Versicherungsleistungen erreichten 31,4 Milliarden Euro. Das sind zwei Prozent mehr als im Vorjahr. Auf die Krankenversicherung entfallen davon 29,3 Milliarden Euro, auf die Pflegeversicherung 2,1 Milliarden Euro. Der Bestand aus Voll- und Zusatzversicherungen nahm um fast 950.000 auf 37,1 Millionen zu, ein Plus von 2,6 Prozent.

Ausblick: Beitragswachstum von zwei bis drei Prozent

 

Und das laufende Geschäftsjahr 2022? Der Ausblick der deutschen Versicherer fällt hier laut GDV vorsichtig optimistisch aus. Insgesamt erwartet man ein Beitragswachstum von zwischen zwei und drei Prozent.

In der Lebensversicherung dürfte die Corona-Pandemie auch dieses Jahr die Geschäftsaussichten dämpfen. Hier ist ein Beitragswachstum zwischen einem und zwei Prozent realistisch. Bei den klassischen Lebensversicherungsprodukten erwarten die Unternehmen eine schwächere, bei den kapitalmarktorientierten eher eine stärkere Entwicklung. „Entscheidend dafür sind die wirtschaftlichen Perspektiven der privaten Haushalte und welche politischen Rahmenbedingungen sich für die private Altersvorsorge in der laufenden Legislaturperiode ergeben“, sagte Weiler.

Auch in der Schaden- und Unfallversicherung zeichnet sich ein solides Wachstum für 2022 ab. Hier könnten inflationsbedingte Anpassungen der Versicherungssummen und Deckungserweiterungen in der Sachversicherung zu einem Beitragswachstum von rund drei Prozent führen.


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