25.03.2021 Branche

GDV zur Warenkredit­versicherung: Kein längerer Schutzschirm

Laut einer Modellrechnung haben die vielen staatlichen Maßnahmen Unternehmens­insolvenzen in der Pandemie verhindert. Doch der für die Kreditversicherer stabilisierende Schutzschirm soll in der zweiten Jahreshälfte nicht mehr verlängert werden.

Am Schutzschirm für Warenkreditversicherungen sind unter anderem die Anbieter Atradius, Coface, Credendo, Euler Hermes, R+V und Zurich beteiligt. (Foto: © TimeStopper - stock.adobe.com)
Am Schutzschirm für Warenkreditversicherungen sind unter anderem die Anbieter Atradius, Coface, Credendo, Euler Hermes, R+V und Zurich beteiligt.
(Foto: © TimeStopper - stock.adobe.com)

Der im Frühjahr 2020 vereinbarte Schutzschirm zur Sicherung des Warenverkehrs war aus Sicht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ein voller Erfolg, sollte aber nicht verlängert werden. „Der gemeinsame Schutzschirm des Bundes und der Warenkreditversicherer läuft vereinbarungsgemäß am 30. Juni 2021 aus,” erklärt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV.  „Gespräche mit dem Bund über eine darüberhinausgehende Verlängerung gibt es derzeit nicht, eine erneute Verlängerung wird von allen beteiligten Warenkreditversicherern nicht angestrebt.“ 

GDV fordert Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Prinzipien 

 

Zusammen hätten Bund und Kreditversicherer das mit dem Schutzschirm verbundene Ziel erreicht, die im Zuge der Corona-Pandemie gefährdeten Lieferketten der deutschen Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld sei ein Kollaps der Lieferketten – auch dank der  Unterstützungsmaßnahen der Bundesregierung für die deutsche Wirtschaft – aber nicht mehr zu befürchten. Damit entfalle der ursprüngliche Zweck des gemeinsamen Schutzschirms. Versicherungsschutz könne und sollte wieder ausschließlich auf Basis marktwirtschaftlicher Prinzipien zur Verfügung gestellt werden.

Modellrechnung zeigt viele versteckte Insolvenzen

 

Inwieweit mit den umfänglichen Hilfen nur Insolvenzen verschoben oder tatsächlich verhindert wurden, zeigt eine Modellrechnung des Kreditversicherers Coface Deutschland, der zum Konzern Coface S.A. mit Sitz in Frankreich gehört. Berücksichtigt wurden unter anderem die Zahlen zum Unternehmensumsatz in den jeweiligen Branchen sowie die Nutzung von Kurzarbeit, Kreditgarantien und im Falle von Frankreich des Solidaritäts-Fonds.

Im Ergebnis kommt Coface zu einer simulierten Insolvenzschätzung für das Jahr 2020. Demnach ergibt sich für Deutschland ein Anstieg der Insolvenzen um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Tatsächlich waren diese im Vorjahr aber um 15 Prozent gesunken. Die Differenz zur Anzahl tatsächlicher Insolvenzen beschreibt Coface als „versteckte Insolvenzen“. Im Fall von Deutschland wären dies 21 Prozent gemessen an der Anzahl 2019 und somit rund 3.950 ausgebliebene Insolvenzen. Für Frankreich ermittelt das Modell 22.500 versteckte Insolvenzen, für Italien sind es 4100 und für Spanien 1600. „Der Grund sind staatliche Hilfsprogramme in einem nie dagewesenen Umfang“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg.

Gastgewerbe und die Transportbranche stark gefährdet

 

Gemäß Modell sind dies Insolvenzen, die weder durch Kurzarbeit noch durch Kreditgarantien verhindert werden konnten und damit eher verschoben als aufgehoben wurden, etwa durch die temporäre Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. „In diesem Sinne sind die versteckten Insolvenzen als maximale Zahl zu sehen, die von weiteren Maßnahmen, zum Beispiel den Überbrückungshilfen in Deutschland, höchstwahrscheinlich abgemildert wurden. Dennoch steht ein erheblicher Anstieg der Insolvenzen im Raum“, sagt Christiane von Berg. Wann dieser Anstieg in welcher Branche tatsächlich eintrifft, sei ungewiss, da staatliche Maßnahmen wie beispielsweise Subventionen für einzelne Branchen in das Jahr 2021 hineinreichen und die aktuellen Auszahlungsregelungen zur Kurzarbeit noch bis Ende 2021 gelten. Als am stärksten insolvenzgefährdet in den kommenden Quartalen sieht Coface innerhalb Deutschlands das Gastgewerbe und die Transportbranche an.

Schutzschirm für Warenkreditversicherungen

Im April 2020 beschloss die Bundesregierung mit den Kreditversicherern einen gemeinsamen Schutzschirm in Höhe von 30 Milliarden Euro, um Lieferantenkredite deutscher Unternehmen zu sichern und die Wirtschaft in schwierigen Zeiten zu stützen. Kreditversicherungen schützen Lieferanten vor Zahlungsausfällen, wenn ein Abnehmer im In- oder Ausland die Rechnung nicht bezahlen kann oder will. Zunächst war der Schutzschirm bis  Jahresende 2020 vorgesehen, wurde dann aber bis zum 30. Juni 2021 verlängert.

Sinn und Zweck ist es, Lieferketten der deutschen Wirtschaft trotz Auswirkungen der Corona-Pandemie aufrechtzuerhalten. Die Kreditversicherer halten trotz gestiegener Risiken in der Pandemie ihr Kreditlimit im bisherigen Umfang von rund 400 Milliarden Euro aufrecht. Der Bund garantiert Schadenzahlungen in Höhe von bis zu 30 Milliarden Euro. Im Gegenzug geben die Kreditversicherer rund 60 Prozent (bis Ende 2020: 65 Prozent; seit 2021: 58,5 Prozent) ihrer Beitragseinnahmen an den Bund ab. Schäden werden im Rahmen der Bundesgarantie im Verhältnis 90 zu zehn geteilt: 90 Prozent zahlt der Bund, zehn Prozent die Kreditversicherer.


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