Inflationsangst: GDV beruhigt Leben-Kunden
Die galoppierende Inflation nagt auch am Wert der Altersvorsorge. Nach Überzeugung des Branchenverbands GDV fällt der Effekt beim langfristigen Sparen aber kaum ins Gewicht. Die Prognose für 2023: Die Inflation sinkt deutlich, die Zinsen steigen dagegen endlich.
Um 7,4 Prozent kletterten die Preise im April gegenüber dem Vorjahresmonat – die höchste Inflationsrate in Deutschland seit 1973. Davon negativ betroffen sind viele, auch die Altersvorsorge-Sparer. Doch deren Angst ist unbegründet, sagt zumindest der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einer aktuellen Veröffentlichung. Eine kurzzeitig hohe Inflationsrate falle bei einem langfristigen Vorsorgeprodukt weniger ins Gewicht, sofern Kunden ihre Sparpläne durchhielten.
Der GDV wagt den Vergleich mit einer Baustelle auf der Autobahn, die das Tempo kurzzeitig drosselt, an deren Ende die Fahrt aber wieder mit höherer Geschwindigkeit weiter geht. Und über die lange Strecke könne die Lebensversicherung überzeugen, wie auch Zahlen der Bundesbank zeigten. Demnach habe die jährliche Verzinsung der Ansprüche von Versicherungskunden zwischen 1991 und 2020 stets über der jeweiligen Inflationsrate gelegen.
Ein Verband, der sich selbst lobt
Einen konkreten Anlass für die Veröffentlichung der Meldung nennt der Verband nicht. Klassische Lobbyarbeit, möchte man meinen – zumal mit Eigenlob nicht gespart wird. So heißt es, dass trotz der Niedrigzinsen in den vergangenen Jahren ansehnliche Erträge erzielt wurden. Die Überschussbeteiligung habe auch Sparern mit niedrigerem Garantiezins attraktive Leistungen gesichert. Das gehe auch auf die veränderte Strategie der Versicherer zurück, die im Niedrigzinsumfeld ihre Kapitalanlagen breiter gestreut und beispielsweise den Anteil von Aktien oder alternativen Investitionen erhöhten. Die seit 2011 aufgebaute Zinszusatzreserve umfasst als Kapitalpuffer inzwischen knapp 100 Milliarden Euro und diene dazu, die Garantiezinsen der Kunden teilweise zu finanzieren.
Hoffen auf abflauende Inflation und Zinseffekt
Zurück in die Gegenwart: Ende 2021 stieg die Inflation erstmals über die marktdurchschnittliche Verzinsung bei Lebensversicherungen von zuletzt 2,1 Prozent. Für 2022 prognostiziert der GDV einen Wert von 6,1 Prozent für Deutschland – Folge hoher Energiepreise im Zuge des Krieges in der Ukraine und immer noch wegen Corona gestörter Lieferketten. Doch schon nächstes Jahr dürfte sich die Inflation wieder spürbar abflachen: „Die Wirtschaftsforschungsinstitute gehen dann von einer jährlichen Preissteigerung von 2,8 Prozent aus. Zugleich wächst angesichts der derzeit hohen Inflation in der Eurozone der Druck auf die Europäische Zentralbank, die Zinsen anzuheben“, schreibt der GDV. Marktbeobachter rechneten inzwischen im dritten Quartal 2022 mit einem ersten Zinsschritt. Und mit jeder Zinserhöhung stiegen die Renditen zinstragender Wertpapiere wie beispielsweise Unternehmensanleihen, Pfandbriefe, Schuldverschreibungen oder auch Hypothekendarlehen, in die Versicherer das Geld ihrer Kunden überwiegend investieren.
Kapitalmarktzinsen auf Niveau, das es lange nicht gab
Der Kapitalmarkt nehme diese Entwicklung schon vorweg: Die Marktzinsen steigen bereits seit August 2021 kontinuierlich an, so der Verband. Während beispielsweise die Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe damals mit -0,5 Prozent noch im negativen Bereich lag, notierte sie zwischenzeitlich wieder bei über einem Prozent – der höchste Stand seit Mitte 2015. Mittelfristig dürften daher die Überschüsse der Lebensversicherer wieder steigen – und in deren Folge auch die Überschussbeteiligung der Kundschaft. „Gleichzeitig wirken sich steigende Zinsen positiv auf die finanzielle Stabilität der Lebensversicherer aus, wie sich bereits 2021 gezeigt hat“, heißt es vonseiten des GDV. So stieg die Solvenzquote binnen Jahresfrist von 370 auf 450 Prozent.