01.09.2022 Branche

Lage und Geschäfts­erwartungen der Versicherer gehen in den Keller

Die deutschen Versicherer bewerten laut einer Befragung im Auftrag des GDV ihre aktuelle Geschäftslage deutlich schlechter als noch im Vorquartal. Zugleich fielen die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate auf den tiefsten Stand seit Beginn der Corona-Pandemie.

Der ifo-Geschäftsklimaindex ist ein stark beachteter weicher Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. (Foto: @ amnarj2006 - stock.adobe.com)
Der ifo-Geschäftsklimaindex ist ein stark beachteter weicher Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland.
(Foto: @ amnarj2006 - stock.adobe.com)

Die Stimmung in der deutschen Versicherungswirtschaft hat sich in den Sommermonaten erheblich abgekühlt. Das geht aus einer Umfrage des Ifo-Instituts im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. „Der Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation, anhaltende Lieferkettenengpässe und die starke Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung trüben die Stimmung stark ein“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Insgesamt zeichnet der Sektor derzeit ein eher pessimistisches Bild von Geschäftslage und -aussichten.“

Lage schlechter als zu Beginn der Pandemie

 

Der vom Ifo-Institut berechnete Geschäftsklima-Index sinkt im Umfragezeitraum deutlich um 17,2 auf -14,7 Punkte. Der Anteil an Versicherungsunternehmen, die ihre aktuelle Geschäftslage als negativ einschätzen, steigt derweil auf einen höheren Wert als zu Beginn der Corona-Pandemie. So sehen mittlerweile 28 Prozent eine negative Lage, im Vergleich zu 23 Prozent im 1. Quartal 2020. Der Index zur Geschäftslage sinkt folglich um 13,1 auf -16,9 Punkte. Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate verschlechtern sich zudem auf den zweittiefsten Wert der Zeitreihe. So sinkt der Saldo aus positiven und negativen Erwartungen um insgesamt 21,6 Punkte auf -12,5 Punkte und damit weit unter den Durchschnitt von +13,7 Punkten. In den Umfrageergebnissen dürfte sich laut GDV unter anderem die Sorge widerspiegeln, dass sich Engpässe in den Lieferketten nicht zeitnah entzerren. Auch die zusätzliche Versorgungsunsicherheit bei Rohstoffen, die mit den gedrosselten russischen Gaslieferungen einhergeht, trage zur verhaltenen Stimmungslage bei. Nach wie vor werde das Konsumklima der privaten Haushalte durch die hohe Inflation und das angespannte Risikoumfeld belastet.

Lebensversicherer: Starke Eintrübung der Geschäftserwartungen

 

Innerhalb der Branche schätzen auch die Lebensversicherer ihre aktuelle Geschäftslage in der Sommerumfrage deutlich schlechter ein als im Vorquartal. Eine knappe Mehrheit der Teilnehmer (55 Prozent) bezeichnet ihre Lage nur als befriedigend. Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate fallen ebenfalls schlechter aus als im Frühling. Der Anteil der Lebensversicherer, die in den nächsten Monaten eine negative Geschäftsentwicklung für wahrscheinlich halten, hat sich im Sommer auf 22 Prozent mehr als vervierfacht (fünf Prozent im Frühjahr). Nur ein Prozent der befragten Unternehmen geht von einer günstigen Entwicklung aus. Auch das Geschäftsklima hat in den Sommermonaten für diese Sparte erneut merklich nachgegeben. Mit einem Wert von -20,5 Punkten bleibt der Stimmungswert der Lebensversicherer erheblich unter dem langfristigen Durchschnitt von +16,3 Punkten. 

Im Hinblick auf die aktuelle Lage im Neugeschäft zum laufenden Beitrag überwiegt in der Ifo-Umfrage eine positive Einschätzung. Der Saldo ist daher auch wieder leicht im Plus. In Bezug auf das Neugeschäft zum Einmalbeitrag (EB) sind die Einschätzungen der aktuellen Lage jedoch spürbar negativ. Auch für die Entwicklung des Einmalbeitragsgeschäft sowie der laufenden Beiträge in den kommenden Monaten sind die Lebensversicherer viel pessimistischer als noch im Frühjahr.

Bild bei Krankenversicherern sieht weiterhin besser aus

 

Der Geschäftsklimawert in der Privaten Krankenversicherung (PKV) nimmt im Sommer auf ein leicht unterdurchschnittliches Niveau ab, bleibt aber mit +11,0 Punkten positiv. Die aktuelle Geschäftslage bricht nach einer Seitwärtsbewegung in den Vorquartalen zwar stark ein, bleibt jedoch mit +16,4 Punkten überdurchschnittlich hoch. Die Erwartungshaltung für die Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten gibt nur minimal nach, verbleibt aber mit +5,8 Punkten auf historisch niedrigem Niveau. Mit einem merklichen Abschwung liegt das Geschäftsklima der Krankenvollversicherung im Sommer weiterhin über dem langfristigen Mittelwert. Ergebnisse für das Krankenzusatzversicherungsgeschäft spiegeln wider, dass die Mehrheit der Unternehmen in den kommenden Monaten von einem in etwa gleichbleibenden Trend ausgeht. Was die Leistungsentwicklung in der PKV betrifft, so wird die aktuelle Kostensituation eindeutig schlechter eingeschätzt als im Vorquartal (-42,7 nach -15,5 Punkten). Zudem gehen die Unternehmen im Hinblick auf die kommenden Monate von weiteren Kostensteigerungen aus, so der GDV.

Stimmungswechsel bei den Kompositversicherern

 

In der Schaden- und Unfallversicherung ist das Stimmungsbild sehr verhalten. Das Geschäftsklima der Kompositversicherer rutscht mit einem aktuellen Wert von -22,0 Punkten noch tiefer in den negativen Bereich. Dabei ist das Bild über die verschiedenen Versicherungsarten sehr unterschiedlich: von +17,2 Punkten in der Haftpflichtversicherung bis zu -52,5 Punkten im Segment Kraftfahrt. Was die aktuelle Lage angeht, legt die Einschätzung zwar leicht zu, bleibt aber mit -30,7 Punkten weit hinter dem langfristigen Durchschnitt zurück. Bei der Erwartung fürs künftige Geschäft zeichnet sich laut GDV ein merklicher Einbruch ab. Nach positiven Entwicklungen in den vergangenen Umfragen zeigt sich in den Sommermonaten in dieser Sparte ein Stimmungswechsel. Knapp 27 Prozent Unternehmen erwarten eine Verschlechterung der Rahmenbedingen in den kommenden Monaten, zum Beispiel durch Tarifanpassungen nach oben in allen Bereichen. Der dazugehörige Indexwert bricht entsprechend drastisch um 38,6 Punkte ein und liegt nun bei -12,9 Punkten.


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