21.10.2022 Branche

Nachhaltige Kapitalanlage in Staaten: Das sind die Ausschlusskriterien

Für Investitionen in Staaten und öffentliche Papiere von Ländern oder Kommunen gibt es mittlerweile auch Ausschlusskriterien. Doch laut einer Assekurata-Untersuchung kommen diese bisher nur bedingt zur Anwendung. Hilfreich könnte eine stärkere Nutzung nicht finanzieller Informationen von NGOs sein.

Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage wird für die meisten Versicherer immer wichtiger. Um sie sicherzustellen, wird unter anderem mit Ausschlusskriterien auf Grundlage der EU-Taxonomie gearbeitet. (Foto: © Coloures-Pic - stock.adobe.com)
Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage wird für die meisten Versicherer immer wichtiger. Um sie sicherzustellen, wird unter anderem mit Ausschlusskriterien auf Grundlage der EU-Taxonomie gearbeitet.
(Foto: © Coloures-Pic - stock.adobe.com)

Die Ratingagentur Assekurata hat den zweiten Teil ihrer Untersuchung zum Thema  nachhaltige Kapitalanlage deutscher Versicherer vorstellt. Nach Ausschlusskriterien bei Investitionen in Unternehmen geht es nun um solche Kriterien bei Staatsanleihen sowie Maßnahmen der ESG-Integration. Von den 32 Versicherern, die an der Kapitalanlegerbefragung teilnahmen, antworteten 20 auf die Detailfragen zur Nachhaltigkeit. 

Wichtigstes Ausschlusskriterium ist ein autoritäres Regime

 

Eine grundsätzliche Feststellung bleibt: „Ausschlusskriterien dienen bei der nachhaltigen Kapitalanlagepolitik von Versicherungsunternehmen als erster Filter, um ungewollte Investitionen aus dem Portfolio fernzuhalten. So können Ausschlüsse aus risikoorientierten und/oder aus ethisch-normativen Motiven heraus getroffen werden“, schreibt Oliver Bentz, Senior-Analyst bei der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH. Auch für Investitionen in Staaten beziehungsweise öffentliche Papiere von Ländern oder Kommunen hätten sich mittlerweile Kriterien herauskristallisiert, die sich jedoch noch nicht in dem Maße etabliert hätten wie im Bereich der Unternehmen. Zudem ergebe sich ein vergleichsweise heterogenes Bild, was die Auswahl der Kriterien angeht.

Mit 60 Prozent schließen Versicherungsunternehmen am häufigsten autoritäre Regime aus. Danach folgen Menschenrechtsverletzungen und Kinderarbeit. Die Werte liegen hier bereits unter 50 Prozent. Kriegerische Auseinandersetzungen, die Todesstrafe oder mangelnder Klimaschutz sind jeweils nur für knapp über zehn Prozent der Befragten ein Ausschlusskriterium.

ESG-Ratings oder NGO-Untersuchungen können bei schwieriger Bewertung helfen

 

Dass die Werte vergleichsweise gering sind, mag daran liegen, dass die Definition klarer Ausschlusskriterien im Fall von Staaten laut Assekurata deutlich schwieriger ist als bei Unternehmen. Während es beispielsweise leicht zu ermitteln sei, ob ein Unternehmen in Branchen wie der Waffenproduktion oder der Kohleenergieerzeugung tätig ist, gestalte sich die Frage, wann ein Staat als korrupt einzuordnen ist, deutlich komplexer. ESG-Datenanbieter wie MSCI, ISS ESG oder Sustainalytics lieferten Antworten in Form von ESG-Ratings oder ESG-Performance-Scores in den entsprechenden Themenbereichen. Zudem könnten Anleger auf diverse Nichtregierungsorganisationen, die Einschätzungen öffentlich zur Verfügung stellen, zurückgreifen. Assekurata nennt hier beispielhaft die Organisation Freedom House, die den Zugang der Menschen zu politischen und zivilen Rechten in 210 Ländern und Territorien bewertet oder Transparency International mit ihrem „Corruption Perception Index“. Kapitalanleger können diese Scores nutzten und einen Schwellenwert festlegen, unterhalb dessen Staaten ausgeschlossen werden.

Nichtfinanzielle Informationen werden bisher kaum genutzt

 

Die Umfrage zeigt jedoch auch, dass nichtfinanzielle Informationen wie ESG-Ratings oder ESG-Rohdaten bei der Investitionsentscheidung neben typischen Risiko- und Renditekennzahlen insgesamt noch kaum berücksichtigt werden. Im Bereich der Investitionen in Staaten sind solche Ansätze der ESG-Integration laut Senior-Analyst Bentz deutlich weniger verbreitet als bei Unternehmen, für die vor allem die Betrachtung von ESG-Ratings mit 50 Prozent schon eine wichtige Rolle spielt. So meldeten zwölf von 18 Unternehmen, die diese Frage beantwortet haben, dass sie in Hinblick auf Staatsanleihen gar keinen Integrationsansatz verwenden. Als wichtigste Datenquelle manifestieren sich auch hier ESG-Ratings, allerdings nur bei 33 Prozent. Betrachtungen des CO₂-Fußabdrucks, ESG-Performance-Scores und eigene ESG-Bewertungen spielen eine noch geringere Rolle. Die Werte liegen allesamt unter 20 Prozent.


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