Ombudsmann: Wegen Corona mehr Klagen über Reiseversicherer
Rund 900 Fälle und ein Anstieg um 80 Prozent: Die Reiseversicherung stand 2020 beim Versicherungsombudsmann aufgrund der Corona-Krise plötzlich im Fokus, Insgesamt registrierte die Schlichtungsstelle aber nur unwesentlich mehr zulässige Eingaben. Die Zahl der Klagen über Vermittler bleibt dabei verschwindend gering.
18.133 Beschwerden erreichten den Versicherungsombudsmann 2020, ein Plus von 3,5 Prozent zum Vorjahr. Wichtiger für den amtierenden Ombudsmann Wilhelm Schluckebier ist aber die Zahl der zulässigen Beschwerden – und diese stieg im Vorjahresvergleich nur um 1,8 Prozent auf 13.235. Ein Wert, der sich im Rahmen der langjährigen Schwankungsbreite bewege, so Schluckebier. Der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof und am Bundesverfassungsgericht stellte nun in Berlin den Jahresbericht 2020 seiner als selbstständiger Verein organisierten Verbraucherschlichtungsstelle vor. Sie behandelt seit fast 20 Jahren Beschwerden aus allen Versicherungssparten mit Ausnahme der Privaten Krankenversicherung.
Corona und Reisen: Anlass für deutlich mehr Beschwerden
Laut Bericht spiegelten sich die Auswirkungen der Corona-Krise auch bei den Beschwerdethemen und der Beschwerdebearbeitung wider. Auffälligste Folge sei der Anstieg von Eingaben in der Reiseversicherung gewesen. Beschwerdeführer hätten demnach vor allem die Erstattung der Beiträge zur Reiseversicherung nach Stornierungen durch den Veranstalter gefordert. Ein Thema sei auch die Frage gewesen, ob Versicherer die Stornokosten übernehmen müssen, wenn Versicherte aufgrund von Beschränkungen oder der Sorge, an Covid-19 zu erkranken, von der Reise zurückgetreten waren. Teilweise hätten Versicherer fehlende ärztliche Atteste des Rücktrittgrundes oder solche nach lediglich telefonischer Kontaktaufnahme mit dem Arzt reklamiert, was die Beschwerdeführer mit den Einschränkungen aufgrund des Lockdowns erklärten.
Das in der Öffentlichkeit breit diskutierte Regulierungsverhalten in der Betriebsschließungsversicherung wirkte sich laut Schluckebier nicht nennenswert aus, weil die Schlichtung auf Beschwerden von Verbrauchern ausgerichtet sei.
Weiter die meisten Beschwerden im Rechtsschutz
Die Verteilung der Beschwerden über die Versicherungssparten hat sich teilweise deutlich verändert. Eingaben zur Lebensversicherung gingen um rund zehn Prozent und damit in ähnlicher Größenordnung zurück wie die aus der Hausratversicherung, gefolgt von der Allgemeinen Haftpflichtversicherung mit ca. acht Prozent. Zuwachs gab es dagegen in der Kfz-Kasko (plus 16 Prozent) und -Haftpflicht (plus zehn Prozent). Auch Beschwerden zur Rechtsschutzversicherung (plus acht Prozent) nahmen wieder zu. Diese Sparte weist seit fünf Jahren die meisten Beschwerden auf (3463). Die sonstigen kleineren Sparten erhöhten sich ebenfalls deutlich (plus 15 Prozent), darunter die Reiseversicherung, die allein um fast 80 Prozent zulegte. Immerhin habe die durchschnittliche Verfahrensdauer trotz der Pandemie um zehn Prozent weiter verkürzt werden können, so der Ombudsmann.
Kaum relevante Klagen über Vermittler
Eine Sonderstellung nehmen Beschwerden gegen Versicherungsvermittler ein, die allerdings nur 1,6 Prozent aller Beschwerden ausmachten. Bei Beschwerden gegen Vermittler wird der Ombudsmann auf Basis der gesetzlichen Aufgabenzuweisung tätig. Die Versicherer unterwerfen sich dagegen freiwillig dem privatrechtlichen Verfahren. Die 298 Beschwerden über Vermittler 2020 bedeuteten einen Anstieg um 14,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 179 davon waren allerdings unzulässig, vor allem weil kein Zusammenhang zur Vertragsvermittlung zu erkennen war. Bei einem Großteil der wenigen Fälle habe der Ombudsmann Abhilfe schaffen oder befriedend auf die Beteiligten einwirken können. Knapp 30 Prozent waren erfolgreich.