04.03.2021 Branche

Riester-Rente – keine Reform mehr in diesem Jahr

Die Zeit bis zur Sommerpause ist knapp, die Verhandlungen zwischen den beteiligten Ministerien festgefahren. Die dringend erforderliche Erneuerung der Riester-Rente scheitert vorerst.

Ohne private Altersvorsorge drohen erhebliche finanzielle Einbußen im Ruhestand. Ein Baustein sollte die Riester-Rente sein – doch ohne Reform scheitert das Modell. (Foto: Wilfried Pohnke/Pixabay)
Ohne private Altersvorsorge drohen erhebliche finanzielle Einbußen im Ruhestand. Ein Baustein sollte die Riester-Rente sein – doch ohne Reform scheitert das Modell.
(Foto: Wilfried Pohnke/Pixabay)

Es ist ein Satz für die Geschichtsbücher: Die Rente ist sicher, versprach der legendäre Bundesarbeitsminister Norbert Blüm erst im Wahlkampf 1986 und später in seiner letzten Schlacht zur Rentenreform, die am 10. Oktober 1997 vom Bundestag verabschiedet wurde. Der Absenkung des Rentenniveaus von 70 auf 64 Prozent sollte nicht die letzte einer Bundesregierung gewesen sein. Sicher ist die gesetzliche Rente – nur ihre Höhe nicht. Immer mehr Rentner, weniger Beitragszahler: Die demographische Entwicklung in Deutschland erfordert zusätzliche Anstrengungen für eine auskömmliche Altersvorsorge. Hoffnungsträger war lange Zeit die staatlich geförderte Riester-Rente, mit der Versicherte am Kapitalmarkt die finanzielle Lücke schließen sollten.

Riester – eine gute Idee wird Opfer der Politik

 

Entwickelt wurde das Modell von der SPD-geführten Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinem Arbeitsminister Walter Riester. Die Grundidee war gut, die Zusatzrente sollte so sicher und verbindlich sein, wie die gesetzliche. Doch nach einem Jahrzehnt niedriger Zinsen ist eine Reform der Riester-Rente überfällig. Längst sind viele Anbieter. ausgestiegen. Denn die Beitragsgarantien sind mit sicheren Anleihen nicht zu erwirtschaften, hohe Kosten machen das Produkt teuer und häufig unrentabel. Doch in dieser Legislaturperiode wird es nach Einschätzung von Finanzstaatssekretär Jörg Kukies die private Zusatzvorsorge nicht mehr reformieren: „Da der Bundestag im Juni seine letzte Sitzung hat, wird es sehr schwierig, bis dahin noch eine Einigung zu erzielen“, sagt der SPD-Politiker jüngst auf der Konferenz „Zukunftsmarkt Altersvorsorge“.

Enttäuschung für Riester-Versicherer und Vorsorge-Sparer

 

Die Versicherungswirtschaft reagiert frustriert: „Ein Scheitern der Riester-Reform wäre enttäuschend“, sagte Peter Schwark, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Politik lasse erneut wertvolle Zeit für notwendige Änderungen ungenutzt und beschädige damit das Vertrauen der Menschen in die Verlässlichkeit der Alterssicherung. Auch für die Anbieter sei der Status quo eine Hypothek. „Das Festhalten an der 100-prozentigen Beitragsgarantie ist im Niedrigzinsumfeld eine enorme Herausforderung für die Unternehmen und bringt die Sparer gleichzeitig um Renditechancen“, betonte Schwark.

Streit zwischen den Ministerien auf dem Rücken der Riester-Kunden

 

Die Riester-Anbieter hatten gehofft, dass wenigstens die 100-prozentige Beitragsgarantie bis zur Bundestagswahl im Herbst gelockert würde. Doch offenbar sind die Differenzen zwischen den beteiligten Ministerien Arbeit und Finanzen sowohl in der Frage der Förderhöhe als auch der Kapitalgarantie zu groß. Dabei steht außer Frage, dass die Versicherer im aktuellen Zinsumfeld die Anforderungen kaum zufriedenstellend erfüllen können. Wenn sich der Bund zu negativen Zinsen Geld für zehn Jahre leihen könne, so Staatssekretär Kukies stelle sich zwangsläufig die Frage, wie unter diesen Bedingungen die Beitragsgarantie noch dargestellt werden könne. „Es ist bedauerlich, dass wir es bislang nicht hingebracht haben.“

Jüngeren Generationen droht große Rentenlücke

 

Seit Jahren stagniert das Neugeschäft, die Zahl der Verträge liegt mit rund 16,4 Millionen etwa auf dem Niveau von Ende 2015. Ein Fünftel der Verträge wird gar nicht mehr bespart. Die Riester-Anbieter hatten Ende 2019 in einem Fünf-Punkte-Plan ihre Reformideen vorgelegt. Die Versicherer blicken nun bereits auf die Zeit nach der Bundestagswahl und hoffen, dass die Reform der kapitalgedeckten Altersvorsorge dann angegangen wird. „Um ein Anwachsen der Rentenlücke für die jüngere Generation zu vermeiden, muss die nächste Bundesregierung die geförderte Altersvorsorge neu beleben“, betonte Schwark. Flexiblere Riester-Garantien und eine einfachere Förderung seien immer noch der schnellste und sicherste Weg. „Eine rein aktienbasierte Altersvorsorge via Staatsfonds würde hingegen vor allem neue Unsicherheiten schaffen.“


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