11.08.2022 Branche

Versicherer im Spannungsfeld von Inflation und Digitalisierung

Naturkatastrophen, Pandemie, Ukraine-Krieg – die globalen Krisen und ihre ökonomischen Folgen belasten die Bilanzen der Versicherer und trüben die Stimmung in den Vorstandsetagen der Unternehmen ein.

Der allgemeine Preisanstieg trifft die Versicherungsbranche bei der Regulierung von Schäden. Die Folge sind steigende Beitragsprämien. (Foto: © jirsak - stock.adobe.com)
Der allgemeine Preisanstieg trifft die Versicherungsbranche bei der Regulierung von Schäden. Die Folge sind steigende Beitragsprämien.
(Foto: © jirsak - stock.adobe.com)

Auf den ersten Blick sieht es gar nicht so schlecht aus: Die Versicherungsunternehmen in Deutschland erwarten für das laufende und das kommende Jahr einen jährlichen Anstieg der Beitragsprämien um durchschnittlich 3,5 Prozent – das wären immerhin 0,9 Prozentpunkte mehr als im ersten Corona-Jahr 2020. Doch hinter dem Wachstum stehen zu einem großen Teil Anpassungen infolge hoher Inflationsraten, ergab eine Branchenbefragung der international agierenden Managementberatung Horváth.

Preis- und Erlösmodelle werden inflationsbedingt überarbeitet

 

Tatsächlich ist für die befragten Vorsicherungsvorstände der Preisanstieg die größte Herausforderung. Klares Indiz hierfür: Für drei von vier Studienteilnehmern ist die Neuausrichtung von Preis- und Erlösmodellen aktuell das strategisch wichtigste Handlungsfeld. In der Befragung vor einem Jahr waren mit 52 Prozent deutlich weniger Manager dieser Meinung. „Inflationsbedingte Beitragsanpassungen sind zu erwarten, um beispielsweise die gestiegenen Ausgaben für Schaden- und Leistungsaufwände auszugleichen, und sind der Haupttreiber für das absolute Prämienwachstum", sagt Martin Müller, Insurance-Experte bei Horváth. Auch die Kapitalmarkt- und Zinsentwicklung sind stärker in den Fokus gerückt. 74 Prozent der Versicherer wollen ihr Produktportfolio und ihre Kapitalanlagestrategie anpassen. „Dies spiegelt sich auch in den zunehmenden Aktivitäten rund um Lebensversicherungen im Run-Off und Bestandsveräußerungen wider", so der Experte.

Digitalisierung und Cybersicherheit bleiben Top-Themen für das Management

 

Von größter Wichtigkeit ist für die Branche aber seit 2019 die Digitalisierung. 80 Prozent der Versicherer bearbeiten diese aktuell mit sehr hoher Priorität, weitere 20 Prozent mit hoher Priorität. Allerdings verschiebt sich der Fokus: von der Kundenschnittstelle hin zu den Backoffice-Prozessen und IT-Kernsystemen. „Dies kann auch als Reaktion auf den absehbaren Fachkräftemangel interpretiert werden", sagt Müller. Auch Cybersicherheit gewinnt an Bedeutung. Mehr als die Hälfte der Versicherer bearbeiten dieses Handlungsfeld gerade mit sehr hoher Priorität – der Schutz der Kundendaten und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen ist enorm wichtig. Außerdem zeichne sich hier auf Produktseite ein interessantes Wachstumsfeld für die Versicherungswirtschaft ab.

Über die Trendbefragung

Für die Branchenbefragung wurde eine repräsentative Auswahl an über 20 Vorstandsmitgliedern großer Versicherungsunternehmen befragt. Mit den Teilnehmenden wurden intensive, qualitative Interviews geführt. Diese fanden im Rahmen der großangelegten Horváth-Studie CxO Priorities 2022 statt, für die insgesamt 280 Topmanagerinnen und -manager größtenteils im Juni 2022 befragt wurden.


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