Comeback für den Provisionsdeckel?
Das Dauerstreitthema Provisionsdeckel für Lebensversicherungen war in den vergangenen Monaten von der politischen Agenda verschwunden. In den Koalitionsverhandlungen kocht es wieder hoch. Doch wirkliche Bewegung in Richtung einer Einigung scheint es nicht zu geben.
SPD, Grüne und FDP haben noch erheblichen Einigungsbedarf bei den Koalitionsgesprächen, wenn es um die Provisionen für Lebensversicherungen und andere Verträge für die private Altersvorsorge geht. Das berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) vergangene Woche und bezog sich auf ein Arbeitspapier aus den Koalitionsverhandlungen zum Thema Finanzmarkt. Das Dokument zeigt laut SZ, welche Gräben hier noch überwunden werden müssen. Es sei jedoch sehr unwahrscheinlich, dass die Koalitionsbildung an diesen Fragen scheitern würde.
Altbekannter Streit um den Provisionsdeckel
Eine mögliche Option, die von den Ampel-Verhandlungsteilnehmern diskutiert wurde, ist der so genannte Provisionsdeckel, also eine Begrenzung der maximal erlaubten Provisionszahlungen in der Lebensversicherung, so der Bericht. Eine solche Regelung war eigentlich von Union und SPD für die vergangene Legislaturperiode geplant und von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) als Gesetzentwurf eingebracht worden, scheiterte aber am Widerstand von Teilen der CDU/CSU. „Wir wollen Maßnahmen ergreifen, um die Abschlusskosten in der Lebensversicherung abzusenken – insbesondere durch einen Provisionsdeckel", heißt es in dem Arbeitspapier. Während SPD und Grüne diese Position befürworten, will die FDP das nicht mittragen. Stattdessen schlägt sie eine Reform vor: Altersvorsorgeprodukte sollten mit Blick auf das Zinsumfeld reformiert werden, um sie attraktiv und rentabel zu halten. Gesetzliche Eingriffe in die Vergütungsstruktur halten die Liberalen für falsch.
Die Grünen gehen besonders weit, sie wollen die Provisionen langfristig ganz abschaffen: „Wir werden die provisionsbasierte Beratung von Kleinanlegern schrittweise vollständig durch unabhängige Honorarberatung ersetzen und setzen uns auch im EU-Finanzmarktrecht für ein Ende der Provisionsberatung ein.“ Die Niederlande, die nordischen Länder und Großbritannien haben bereits so ein Verbot.
Hohe Provision als Lebenselixier für die Branche
Doch für den deutschen Finanzmarkt wäre das eine Revolution, meint die SZ: Große Vertriebsorganisationen wie DVAG, MLP oder FondsFinanz leben von hohen Provisionen, die immer die Kunden zahlen. Bei Lebensversicherungen gehen dafür oft fünf oder sechs Prozent der insgesamt vom Kunden zu leistenden Beiträge drauf. Das können mehrere Tausend Euro für einen einzigen Vertrag sein. Die Folge: Die Rendite und damit die private Altersvorsorge für die Kunden wird negativ beeinflusst. Jedes Jahr zahlen die deutschen Lebensversicherer rund sieben Milliarden Euro an Abschlusskosten für Vermittler – 2020 waren es 7,5 Milliarden Euro – und holen sich das Geld von ihren Kunden zurück.
Grüne setzen auf Honorarberatung
Die Alternative wäre eine Honorarberatung. Dabei bezahlt der Kunde den Berater, so wie er das auch beim Steuerberater oder Rechtsanwalt macht. Allerdings spielt dieses Modell angesichts der Konkurrenz durch den vermeintlich kostenlosen Provisionsvertrieb kaum eine Rolle. Die Grünen wollen gegensteuern: „Um gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen, werden wir die Hürden für die unabhängige Honorarberatung abbauen, indem wir eine Honorarordnung etablieren und verpflichtende Nettotarife für alle Produkte einführen.“ Beim Nettotarif darf der Versicherer keine Provision einrechnen.
Einigkeit zumindest bei Banken- und Kapitalmarktunion
Große Einigkeit herrscht bei den Koalitionspartnern dagegen laut SZ-Recherchen bei den Fragen Bankenunion und Kapitalmarktunion. Die drei Parteien streben an, „die Bankenunion zu vollenden, um die europäische Volkswirtschaft und die globale Wettbewerbsfähigkeit Deutscher und europäischer Institute zu stärken“. Und zur umstrittenen Frage der Haftung innerhalb der Bankenunion heißt es, dass eine europäische Rückversicherung für die nationalen Einlagensicherungssysteme geschaffen werden soll. Sollte ein System in einem EU-Land bei einer Pleitewelle überfordert sein, würde dann diese Rückversicherung greifen.