Allianz: Höhere Risiken für Unternehmen und Führungskräfte
Von politischen Unruhen über Nachhaltigkeits-Risiken bis zu künstlicher Intelligenz: Die Managerhaftung dürfte 2024 noch stärker in den Fokus von Unternehmen rücken als ohnehin schon. Zu diesem Schluss kommt der D&O-Bericht von Allianz Commercial nach der Bewertung unterschiedlicher Risiken.
Dunkle Wolken ziehen auf: Im kommenden Jahr könnte es mehr Klagen gegen Unternehmen und ihre Führungskräfte geben. Zu dieser Einschätzung kommt Allianz Commercial in ihrem aktuellen D&O-Bericht. Zu den größten Risikofaktoren für „Directors and Officers“ gehören demnach der steigende wirtschaftliche Druck, die geopolitische Unsicherheit, die Implementierung innovativer Technologien wie generative künstliche Intelligenz (GenAI) oder die Herausforderungen, die sich für Unternehmen aus den Nachhaltigkeitskriterien ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) ergeben. „D&Os sollten sich auf Gegenwind einstellen und eine Strategie entwickeln“, sagt Vanessa Maxwell, Global Head of Financial Lines bei Allianz Commercial.
Gefahr durch politische Unruhen
Nach der Überwindung der Covid-19-Pandemie stehen Führungskräfte vor Herausforderungen in der neuen Normalität. Weltweit enttäuscht das Wirtschaftswachstum und Unternehmensinsolvenzen sollen laut der Allianz-Analyse bis 2024 um zehn Prozent steigen. Hoher Inflationsdruck und die Refinanzierung von Schulden nach Jahren niedriger Zinsen belasten zusätzlich. Geopolitische Risiken durch den Ukraine-Krieg, Nahostkonflikt und weltweite Spannungen bedrohen Unternehmen. Das US-Strategieberatungsunternehmen Verisk Maplecroft kommt zu dem Schluss, dass es aktuell in rund 100 Ländern ein erhöhtes Risiko für zivile Unruhen gibt. Unternehmen müssen sich dort auf Betriebsunterbrechungen vorbereiten und die Sicherheit ihrer Mitarbeiter gewährleisten.
KI-Anwendungen schaffen Wettbewerbsvorteile, bergen aber hohe Risiken
Erhebliche Risiken beinhalten Anwendungen im Bereich der generativen künstlichen Intelligenz. GenAI bezieht sich auf Algorithmen, die komplexe Inhalte generieren und menschliche Aktivitäten imitieren. Eine Umfrage des Beratungsunternehmens McKinsey ergab, dass bereits ein Drittel der Unternehmen regelmäßig KI in Geschäftsfunktionen integriert. Hannah Tindal, Regional Head of Commercial D&O bei Allianz Commercial, warnt in diesem Zusammenhang vor Cyber-Attacken und unrealistischen Investorenerwartungen: „Es ist sehr spannend über Wettbewerbsvorteile nachzudenken, die KI schaffen könnte. Gleichzeitig gibt es Herausforderungen bei ihrer Einführung, die Unternehmen berücksichtigen sollten. Dazu gehören Bedrohungen der Cybersicherheit, größere regulatorische Risiken, unrealistische Erwartungen von Investoren hinsichtlich ihrer Fähigkeiten oder der Umgang mit Fehlinformationen.“
Datenschutz und Urheberrecht im Visier von Klägern
Rechtliche Schritte in den USA gegen KI-Unternehmen zeigen Datenschutz- und Urheberrechtsrisiken auf. Diese könnten zu Klagen führen, z. B. Wertpapierklagen, Ansprüche auf geistiges Eigentum, Verletzung der Treuepflicht, falsche Angaben und Aktionärsklagen. Unternehmen können Risiken mindern, indem sie Best Practices und agile Methoden für Governance und Compliance einführen, sich an sich entwickelnde Technologien anpassen und in den Vorstandsetagen die KI-Entwicklung im Blick behalten, so Hannah Tindal von Allianz Commercial.
ESG-Berichtspflichten erhöhen das Prozessrisiko
Der D&O-Report der Allianz zeigt auf, dass Vorstände zunehmend besorgt über regulatorische Maßnahmen und Prozessrisiken im Zusammenhang mit ESG-Themen sind. Die steigenden Berichts- und Offenlegungspflichten in diesem Bereich können bei unzureichender Reaktion oder Nichteinhaltung zu Klagen führen. Die Einführung von ESG-Berichtspflichten in vielen Ländern erhöht die Kosten für Vorstände, die sich auf Untersuchungen, Durchsetzungsmaßnahmen und Geldbußen einstellen müssen.
Vorstände müssen auch Klagen von Privaten fürchten
Jüngste Klagen von Privatklägern beinhalteten Vorwürfe eines unzureichenden Managements von Klimarisiken sowie Pflichtverletzungen durch Investitionen in Fonds mit unterdurchschnittlicher Wertentwicklung, die jedoch aktiv ESG-Strategien verfolgten. „Nicht jeder Stakeholder vertritt die gleiche Meinung zu einem Thema oder die gleiche Auffassung darüber, welche Maßnahmen die Geschäftsleitung ergreifen sollte. Wir leben in einer immer stärker polarisierten Welt. Deshalb birgt schon die schiere Notwendigkeit, dass Geschäftsführer die Auswirkungen verschiedener ESG-Faktoren auf den Unternehmenswert bewerten und berücksichtigen müssen, das Risiko, dass Ansprüche geltend gemacht werden“, erläutert David Ackerman, Head of Global Financial Lines Claims bei Allianz Commercial.