Ertragsausfall: Wenn sich zum Unglück noch Pech gesellt
Nach einem Ertragsausfall sind die äußeren Umstände zur Berechnung der Versicherungsleistung zu berücksichtigen – auch in Extremsituationen wie einem Lockdown.
Der Schaden.
Ein Rohrbruch setzte im Oktober 2020 ein Restaurant unter Wasser. Eine mehrwöchige umfangreiche Sanierung der Räume war unumgänglich. Kein Problem, dachte sich der Inhaber. Schließlich hatte er für genau solche Fälle eine Ertragsausfallversicherung abgeschlossen.
Das Problem.
Vom Versicherer kam im November 2020 die ernüchternde Nachricht: Für den Ertragsausfall im Oktober gibt es die volle Entschädigung, für den November allerdings nur zehn Prozent. Wegen des allgemeinen Lockdown hätte der Versicherte im November ohnehin viel weniger Umsatz als im Vorjahr erzielt. Für den Gastronomen war es die zweite schlechte Nachricht von seinem Versicherer im laufenden Jahr: Im April hatte dieser schon alle Ansprüche aus der Betriebsschließungsversicherung (BSV) abgelehnt.
Der Hintergrund.
Handelt der Versicherer im Fall des Wasserrohrbruchs korrekt? In der Ertragsausfallversicherung richtet sich die Entschädigung – anders als in der BSV – grundsätzlich nach den zu erwartenden Umsatzeinbußen, die der Versicherungsnehmer durch die Betriebsunterbrechung hinnehmen muss. Einen Anhaltspunkt bieten hier oft die entsprechenden Umsätze aus dem Vorjahr. Da die Entschädigung jedoch nicht zu einer Bereicherung des Versicherungsnehmers führen soll, sind bei der Berechnung alle äußeren Umstände zu berücksichtigen, die den Betrieb positiv wie negativ im Unterbrechungszeitraum beeinflusst hätten (vgl. § 6 Abs. 1 a S. 2 FBUB 2010 A). Im November 2020 hätte der Gastronom aufgrund des deutschlandweiten Lockdowns wohl nur einen Teil seines üblichen Umsatzes erwirtschaften können. Eine Leistungskürzung kann also teilweise berechtigt sein.
Die Folgen.
Wenn eine Betriebsunterbrechung und ungünstige äußere Umstände zusammenfallen, kann das also zu einer verminderten Leistung führen. Zum Unglück des Versicherungsnehmers kam hier also auch noch Pech hinzu, während der Versicherer vom Lockdown profitierte. Sehr hohe, pauschale Leistungskürzungen wie im dargestellten Fall sollten Versicherungsnehmer aber nicht unwidersprochen akzeptieren. Die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Geschäftsverlauf sind nach einer Betriebsunterbrechung bei jedem Versicherungsnehmer – ob Gastronom, Handwerker oder Industriebetrieb – individuell zu bewerten. Auch der Wirt konnte dem Versicherer mithilfe von Zahlen aus dem Frühjahr nachweisen, dass er trotz Lockdown mehr als zehn Prozent Umsatz gemacht hätte – wäre der Wasserschaden nicht gewesen. Dadurch ließ sich eine Klage vermeiden und die Parteien erzielten außergerichtlich eine zufriedenstellende Lösung.