Flugrechte: Ausländische Airline, deutscher Gerichtsstand
Der Bundesgerichtshof stärkt die Rechte von Flugreisenden: Künftig können sie Fluglinien mit Sitz im Ausland zur Durchsetzung von Ansprüchen auch vor deutschen Gerichten verklagen. Darüber berichtet das Rechts-Duo des Versicherungsprofi Schyma und Krohn.
Die Ausgangslage.
Im Umgang mit Fluglinien fühlen sich Verbraucher regelmäßig rechtlos. Insbesondere bei Verspätungen und Flugausfällen ist der Weg zur Rechtsdurchsetzung häufig lang. Die Ansprechpartner vor Ort verweisen auf die Service-Center der Hauptverwaltungen, doch kommt man dort in der Regel nicht weiter. Wenn die Fluglinie ihren Sitz dann noch im Ausland hat, geben selbst viele streitbereite Fluggäste den Versuch auf, mögliche Entschädigungsansprüche durchzusetzen.
Der Fall.
Ein Kläger behauptete, dass sein Gepäck auf dem Hinflug von Frankfurt-Hahn nach Neapel beschädigt worden sei. Die Fluglinie mit Sitz in Irland erkannte ihre Entschädigungspflicht nicht an. Der Rechtsstreit landete zunächst vor dem Landgericht Bad Kreuznach. Dieses erklärte sich jedoch für unzuständig und verwies den Fluggast auf eine Klage im Ausland.
Das Urteil.
Bereits dagegen beschritt der Ex-Passagier den Instanzenzug bis zum Bundesgerichtshof (BGH). Seine Mühe zahlte sich aus: Das oberste Zivilgericht entschied, dass der Kläger die Fluglinie trotz ihres Sitzes im Ausland durchaus in Bad Kreuznach verklagen können werde (Az. X ZR 85/20). Hintergrund ist das Montrealer Übereinkommen über die Haftung von Airlines, das auch vor deutschen Gerichten Anwendung findet. Dort ist nicht nur festgelegt, dass Fluglinien für beschädigtes Gepäck haften. Das Abkommen enthält auch Regelungen darüber, an welchem Gerichtsstand die Fluggäste ihre Ansprüche einklagen können. Nach dem Abkommen hat der Fluggast im Fall von beschädigtem Gepäck die Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen, u. a. dem Sitz der Fluglinie oder dem Bestimmungsort der Reise. Da der Kläger Hin- und Rückflug einheitlich gebucht hatte, trug er vor, dass der Bestimmungsort der Reise der Ankunftsort des letzten Flugs also des Rückflugs – sein müsste, somit zugleich der Abflugort (Frankfurt-Hahn). Die Vorinstanz hatte den Kläger noch auf Neapel als Bestimmungsort verwiesen. Der BGH hob diese Entscheidung jedoch zugunsten des Flugkunden auf. Entscheidend sei hier, dass Hin- und Rückflug einheitlich gebucht wurden. Neapel gelte daher nur als Zwischenlandung.
Die Konsequenzen.
Mit dem Urteil stärkt der Bundesgerichtshof die Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung für Flugreisende erheblich. Der fehlende Gerichtsstand im Inland ist für viele Geschädigte eine große Hürde, ihr Recht durchzusetzen. Die Fluglinien kalkulieren das ein und verhalten sich regelmäßig bewusst rechtswidrig. Je mehr inländische Urteile gegen Fluglinien mit Sitz im Ausland ergehen, desto eher ist zu hoffen, dass die Fluglinien ihre Geschäftspraktiken anpassen werden.