Hausratversicherung: Versicherer zahlt nicht bei räuberischer Erpressung
Eine durch Erpressung und Androhung von Gewalt erzwungene Geldabhebung fällt nicht unter die Leistungspflicht einer Hausratversicherung. Die Begründung des OLG Köln ist zum Teil fragwürdig, meint unser Anwalts-Duo Schyma und Krohn.
Der Fall.
Eine Frau war in ihrer Wohnung von einem unbekannten Täter überfallen worden. Als der Mann ein Sparbuch fand, verlangte er von der Frau, die darauf enthaltenen 6000 Euro abzuheben. Sollte sie seiner Forderung nicht nachkommen, drohte er ihrer Tochter Gewalt an. Die Frau verließ die Wohnung und hob das Geld von der Bank ab, kehrte danach in ihre Wohnung zurück und übergab dem Täter dort das Geld. Strafrechtlich lässt sich der Sachverhalt als räuberische Erpressung einordnen.
Der Streit.
Von ihrer Hausratversicherung forderte die Frau die 6000 Euro zurück. Der Versicherer lehnte die Deckung ab. Zwar seien Bargeld und Sparbücher bis zu einem bestimmten Betrag versichert, müssten sich aber zum Tatzeitpunkt in der Wohnung befinden. Nach den zugrunde liegenden Allgemeinen Hausrat-Versicherungsbedingungen von 2008 erstrecke sich der Versicherungsschutz nämlich nicht auf Schäden durch Raub an Sachen, die an den Ort der Wegnahme oder Herausgabe erst auf Verlangen der Täter herangeschafft würden.
Das Urteil.
Nachdem die Versicherungsnehmerin erfolglos vor dem Landgericht Köln geklagt hatte, gab auch das Oberlandesgericht Köln in der Berufungsinstanz dem Hausratversicherer recht (Az. 9 U 172/20). Das Sparbuch in der Wohnung der Versicherungsnehmerin stelle lediglich eine Schuldurkunde dar. Das erbeutete Geld habe sich nicht am Versicherungsort befunden. Die entsprechende Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) des beklagten Versicherers stelle aus Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers aber nicht auf den durch einen Gegenstand verkörperten Wert, sondern auf die Sache selbst ab. Das OLG Köln zog auch das Argument der Prämienkalkulation heran: Danach sei das Risiko für den Versicherer nicht beherrschbar, wenn sich der Versicherungsschutz nicht auf jene Werte beschränken würde, die zum Schadenzeitpunkt am Versicherungsort bereits vorhanden gewesen seien. Das müsse der durchschnittliche Versicherungsnehmer verstehen und seiner Auslegung der AVB zugrunde legen.
Die Konsequenzen.
Auch wenn dem OLG Köln im Ergebnis zuzustimmen ist, überzeugt das Argument der Kalkulierbarkeit der Prämien nicht. Denn der Versicherer kann aus seiner Sicht unkalkulierbare Teilrisiken über Risikoausschlüsse von der Deckung ausnehmen oder den Schutz über Limits begrenzen. Darüber hinaus ist nur in den seltensten Fällen ein Risiko für die Versicherer tatsächlich nicht kalkulierbar – wie auch die Versicherbarkeit der räuberischen Erpressung zeigt. In neueren Hausratpolicen ist das Risiko inzwischen häufig mitversichert. Vermittler sollten deshalb auf einen entsprechenden Einschluss achten.