Beratungspflichten verletzt: Makler zu Schadenersatz verdonnert
Das war eine schlechte Empfehlung: Ein Makler riet einer Klientin mit erheblichen Vorerkrankungen zur Kündigung einer BU-Police. Sie schloss stattdessen eine günstigere Grundfähigkeiten-Police ab und produzierte eine erhebliche Deckungslücke, die sich rächte. Auch für den Makler, der nun Schadenersatz zahlen muss.
Das Landgericht Bamberg (Az. 43 O 276/18) hat einen Makler zur Schadenersatzzahlung an eine Versicherungsnehmerin verurteilt. Nach Ansicht des Gerichts hatte der Beklagte seine Beratungspflicht erheblich verletzt. Das Urteil aus dem vergangenen Jahr wurde nun durch die Hamburger Rechtsanwaltskanzlei Jöhnke & Reichow der Öffentlichkeit bekannt.
Kein Schutz mehr nach Versicherungswechsel
Was war passiert? Im Zuge einer Überprüfung bestehender Versicherungsverträge empfahl der später beklagte Makler seiner Klientin verschiedene Versicherungsverträge zu kündigen, da es günstigere und leistungsstärkere Optionen gäbe. Tatsächlich kündigte sie unter anderem eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) und schloss dafür eine Grundfähigkeitsversicherung ab. Einige Zeit später gab die Versicherungsnehmerin an, sie sei aufgrund psychischer Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage, ihre berufliche Tätigkeit auszuüben. Der Verlust einer Grundfähigkeit lag jedoch nicht vor. Insoweit bestand kein Versicherungsschutz.
Die Versicherungsnehmerin behauptete nun, ihr sei der Unterschied zwischen einer beiden Policen nicht hinreichend erklärt worden. Hätte sie diesen gekannt, wäre es nicht zur Kündigung der Berufsunfähigkeitsversicherung gekommen. Vor Gericht forderte sie vom Makler Schadensersatz. Der Beklagte sah den Sachverhalt anders. Die Klientin sei von Anfang an zu einer Beendigung der BU-Versicherung entschlossen gewesen und außerdem sei sie auch hinreichend über die Unterschiede beider Produkte aufgeklärt worden. Zudem lege bei der Frau überhaupt keine Berufsunfähigkeit vor.
Schlechte Beratung: Grundfähigkeitsversicherung keine Alternative
Doch die Bamberger Richter folgten dieser Argumentation des Beklagten nicht. Bei einem Versicherungswechsel gingen die Beratungspflichten generell sehr weit. Ein Vermittler habe zu beachten, dass der Versicherungsnehmer in der Regel weder eine Deckungslücke noch eine Verschlechterung in Kauf nehmen will. Zudem seien in diesem Fall die Vorerkrankungen der Klägerin bereits bei Abschluss der Grundfähigkeitsversicherung so gravierend gewesen, dass sie den Neuabschluss einer BU-Versicherung zu gleichen Konditionen verhindert hätten. Eine ordnungsgemäße Beratung hätte in diesem Fall eine Kündigung gar nicht erst thematisieren dürfen, weil damit offensichtlich das Entstehen einer massiven Deckungslücke verbunden ist. Eine Grundfähigkeitsversicherung habe diese zudem ersichtlich nicht kompensieren können. Vielmehr hätte der Makler explizit von einer Kündigung abraten bzw. die Gefahren eines Versicherungswechsels deutlich seiner Kundin vor Augen führen müssen.
Außerdem gelang es der Versicherungsnehmerin darzulegen, dass sie zumindest für einen Teil des fraglichen Zeitraums berufsunfähig war. Sie konnte daher verlangen, so gestellt zu werden, wie sie bei Fortbestand ihrer ursprünglichen Berufsunfähigkeitsversicherung gestanden hätte. Der Makler wurde deshalb zu einer Zahlung in Höhe der ursprünglich abgesicherten BU-Renten verurteilt.
Fazit: Beratungsanforderungen nicht unterschätzen
Das Urteil verdeutlicht aus Sicht von Jöhnke & Reichow nochmals die erheblichen Unterschiede der beiden Produkte im Bereich der Arbeitskraftabsicherung, die für einen versicherungstechnischen Laien oft nur schwer zu durchschauen seien. Der Versicherungsmakler als treuhänderähnlicher Sachwalter des Versicherungsnehmers habe daher besonders in der Beratung auf die richtige Darstellung der entsprechenden Unterschiede zu achten. Die Anforderungen an diese Beratung sollten dabei nicht unterschätzt werden.