Pflegeheim: Keine Reservierungsgebühr von Privatversicherten
Alten- und Pflegeheime dürfen grundsätzlich keine Reservierungsgebühren verlangen. Anders lautende Vertragsklauseln erklärte der Bundesgerichtshof nun auch bei Privatversicherten für unwirksam.
„Die Vereinbarung einer Platz-/Reservierungsgebühr für die Zeit vor dem tatsächlichen Einzug des Pflegebedürftigen in das Pflegeheim ist auch gegenüber Privatversicherten unzulässig” – das ist der Tenor eines aktuellen Urteils des Bundesgerichtshofs (Az. III ZR 225/20).
Damit beendet das Gericht eine bisher durchaus übliche Praxis: Viele Heime verlangen von alten und pflegebedürftigen Menschen, die einen Heimplatz haben wollen, aber nicht sofort einziehen können, eine Reservierungsgebühr. Im verhandelten Fall, der durch drei Instanzen ging, setzte sich der betroffene Sohn schließlich durch. Als seine Mutter im Januar 2016 pflegebedürftig wurde, hatte er sie zunächst in einem anderen Heim untergebracht. Mitte Februar fand er den endgültigen Platz, doch sie konnte erst Ende Februar einziehen. Für die zwei Wochen, in denen sie dort noch nicht wohnen konnte, musste er knapp 1130 Euro Reservierungsgebühr zahlen.
BGH: Kosten gelten erst ab Einzug
Die pflegebedürftige Mutter ist zwar mittlerweile gestorben, aber das Geld muss das Heim erstatten, entschied das oberste deutschen Zivilgericht. Heime dürften erst dann Kosten in Rechnung stellen, wenn die Betroffenen tatsächlich einziehen. Für gesetzlich Versicherte stand das schon im Gesetz. Die Frage war nun, ob das auch für die etwa zehn Prozent der Pflegebedürftigen gilt, die privat versichert sind. Die Bundesrichter sagen – anders als die Vorinstanz – eindeutig ja: „Der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 WBVG umfasst nicht nur Verbraucher, die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung im Sinne des § 28 SGB XI unmittelbar beziehen, sondern auch Verbraucher, die Leistungen einer privaten Pflegepflichtversicherung erhalten und damit mittelbar Leistungen auf der Basis des Vierten Kapitels des SGB XI in Anspruch nehmen.” Der Gesetzgeber wollte pflegebedürftige Menschen generell schützen. Eine Unterscheidung zwischen Privatversicherten und gesetzlich Versicherten sei deshalb nicht nachvollziehbar.
Tag genaue Abrechnung ist Pflicht
Ein Heim muss also nicht nur bei Auszug oder im Todesfall auf den Tag genau abrechnen, wie der BGH schon früher entschieden hatte. Auch beim Einzug darf die Einrichtung erst Geld verlangen, wenn die Bewohnerin oder der Bewohner wirklich dort lebt. Das bedeutet für zahlreiche Träger, dass sie künftig anders kalkulieren müssen. Und für viele Bewohner die Chance, Geld zurückzubekommen, sagt Manfred Stegger, Vorsitzender der Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA), die den Sohn in diesem Prozess unterstützt hat. Wer in den letzten drei Jahren in ein Pflegeheim eingezogen sei, könne „jetzt eine Freihaltegebühr, falls sie die bezahlt haben, zurückfordern”, so Stegger. Und um den unwirksamen Vertragspassus müsse man sich künftig bei der Unterschrift auch keine Sorgen mehr machen.