Provisionen vor Gericht
Provisionsumsätze von Versicherungsvertretern sind umsatzsteuerfrei. Neben der eigentlichen Provision erhalten Berater häufig noch einen Büro- oder Organisationszuschuss. Doch wie sind solche Einnahmen steuerrechtlich zu bewerten? Über diese Frage entbrannte ein Streit, der nun vom Niedersächsischen Finanzgericht entschieden wurde.
Der Fall: Geklagt hatte ein selbstständiger gebundener Vermögensberater, der ausschließlich für einen großen Allfinanzvertrieb tätig war und dessen Finanzprodukte vermittelte. Er pflegte den höchstpersönlichen Kundenkontakt (Eigengeschäfte), aber ließ auch von anderen Vermögensberatern Vermittlungsleistungen erbringen (Gruppengeschäfte). Aus beiden Geschäften erbrachte er als Vermittler unstreitig umsatzsteuerfreie Leistungen gemäß § 4 Nr. 8 und Nr. 11 UStG.
Finanzamt: umsatzsteuerpflichtiger Strukturvertrieb
In den Jahren 2016 und 2017 erhielt er jedoch zusätzliche, zweckgebundene Sonderprovisionen wie einen Büro- und Organisations-Bonus sowie eine Förderprovision. Die Mittel sollten „Einrichtung, Unterhalt und Betrieb eines Büros, das einem kaufmännischen Mindeststandard entspricht, und bei Bedarf Schulungen, Berufsinformationsseminare und ähnliche Veranstaltungen ermöglichen sowie für organisatorische Maßnahmen verwendet werden, die der Förderung der Vertriebstätigkeit der betreuten Unterstruktur dient und ihr zugutekommt.“ Das Finanzamt bewertete den Büro- und Organisations-Bonus sowie die Förderprovision jeweils als Entgelt für den Aufbau eines Strukturvertriebs und unterwarf die Zahlungen der Regelbesteuerung.
Finanzgericht: umsatzsteuerfreier Vermittlungsbezug
Das sahen die Hannoveraner Richter nun anders. Nach Überzeugung des 11. Senats unterliegen der Büro- und Organisations-Bonus bzw. die Förderprovision der Steuerbefreiung für Vermittlungsleistungen nach § 4 Nr. 8 und 11 UStG. Sie stellen eine Aufstockung der – vom Beklagten als umsatzsteuerfrei behandelten – Grundprovision für die vom Vermögensberater erzielten Gruppenumsätze dar. Es besteht jeweils ein spezifischer und wesentlicher Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften, weil der Bonus bzw. die Förderprovision auf das jeweilige steuerfreie Gruppengeschäft zurückzuführen sind. Entgegen der Auffassung des beklagten Finanzamts bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Leistungen für eine Anwerbetätigkeit neuer Vermögensberater und den Aufbau eines Strukturvertriebs erbracht werden. Nach den Feststellungen des Senats und der in der mündlichen Verhandlung erfolgten Beweisaufnahme werden Bonus bzw. Förderprovision unabhängig davon gezahlt, ob der jeweilige Vermögensberater in dem jeweiligen Jahr tatsächlich neue Vermögensberater für den Allfinanzvertrieb gewonnen hat.
Noch ist das letzte Wort in dieser Rechtsangelegenheit nicht gesprochen. Nachdem das Niedersächsische Finanzgericht die Revision untersagte, hat das unterlegene Finanzamt Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt.